Die Nonne Belgien, Frankreich, Deutschland 2013 – 112min.

Filmkritik

In Klöstern, Kutten und Kutschen

Filmkritik: Eduard Ulrich

Seit seiner Jugend dachte Guillaume Nicloux daran, den gleichnamigen unvollendeten Roman Diderots zu verfilmen, aber erst vor drei Jahren fand er einen filmischen Ansatz. So kommt dieser Film über ein Mädchen an der Schwelle zur Frau aus dem 18. Jahrhundert in einem Moment ohne klaren Bezug zur Gegenwart. Die Stärken des Werks liegen in den Schauplätzen und bei den SchauspielerInnen: Erstere sind weitgehend keine Kulissen und letztere gehen mit diabolischem Vergnügen zuwerke. Damit bekommt der universelle Kampf gegen widrige Umstände und gesellschaftliche Zwänge Konturen.

Der Tausendsassa Diderot verfasste Erzählungen, Romane, Theaterstücke und philosophische Traktate. Einiges blieb unvollendet wie die Vorlage für Nicloux' Film, was insofern erstaunt, als der Stoff autobiografisch durchdrungen ist: Diderot besuchte eine Jesuitenschule, eine seine Schwestern ging ins Kloster und starb dort, einer seiner Brüder war Domherr. Nicloux hat sich allerdings emanzipiert, er erzählt seine eigene Geschichte vom Kampf gegen das Schicksal und verleiht ihr einen zeitgemäßen Schluss.

Das genügt aber nicht, um sich mit den Figuren identifizieren zu können. Suzanne wird heiratsfähig, aber ihre beiden älteren Schwestern sind bereits unter der Haube und deren Mitgiften haben das Vermögen der Familie aufgezehrt. So drängen die Eltern Suzanne ins Kloster zu gehen, ein damals durchaus üblicher Weg für mittellose Mädchen. Suzanne besitzt allerdings einen freien Geist und möchte kein Lippenbekenntnis ablegen, sondern den Eid nur leisten, wenn sie davon überzeugt ist. Nicloux zeigt diesen Prozess der Auseinandersetzung in der Beziehung Suzannes zur Oberin. Im Kloster bietet er die Räume, in denen sich seine glücklich besetzte Hauptdarstellerin Pauline Étienne entfalten kann, die Naivität, Trotz, Stolz und Willenskraft bewegend ausdrückt. Martina Gedeck fällt auch hier als Mutter der widerspenstigen Novizin nicht auf, während die große Isabelle Huppert fast in ihrer Kutte verschwindet, was wohl zu verschmerzen ist, weil sie nur wenige Minuten mitwirkt.

Viel investierte Nicloux in historische Authentizität. Zwei Klöster, die sich noch weitgehend im Originalzustand befinden, dienten unter anderem als Drehorte. Das gibt der Kamera Spielraum, weil alle Blickwinkel erlaubt sind. So kann ein Besuch im Kloster unübersehbar wie derjenige eines Gefängnisses und eine Kutschenfahrt subtil als Gefangenentransport inszeniert werden.

18.02.2024

3

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Kommentare

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MalaerA

vor 10 Jahren

interessant, jolie Images, bon film


Fantimette

vor 10 Jahren

Univers différent, ça fait du bien


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