Juan Dänemark 2010 – 105min.

Filmkritik

Radikalkur für den Weiberhelden

Filmkritik: Eduard Ulrich

Mozarts Don Giovanni radikal in die heutige Zeit katapultiert und in einem rasanten Tempo inszeniert, dass einem Hören und Sehen vergehen kann. Opern- und Kinoliebhaber werden hier auf eine harte Probe gestellt. Die von einschlägigen Erfahrungen freien Besucher dürfen sich am Spektakel ergötzen.

"Don Juan", als literarische Figur geboren, als Männertyp im Wortschatz zu ewigem Leben erweckt, musste nach der Legende bitter für seine unzähligen Liebesabenteuer bezahlen. Mozart und seinem Librettisten Da Ponte gefiel das gar nicht, und so dachten sie über einen Schluss nach, der den Herzens- und Gesetzesbrecher als Sieger ziehen ließ. Daraus wurde nichts, die damalige Zensur hätte es nicht geduldet, aber die Anekdote verrät doch etwas von Sinn und Geist dieses Meisterwerks.

Die Zensur musste Opern- und neuerdings auch Filmregisseur Kaspar Holten zwar nicht fürchten, aber die Kritik kann auch Karrieren ruinieren - und der liefert er willig Futter. Seinem in der klassenlosen dänischen Gesellschaft gelandetem Schürzenjäger fehlt logischerweise das "Don", aber dessen Konzept vom Leben als endlose Party passt in die Kreise, in denen keine Gedanken an die Existenzsicherung verschwendet werden. Nur: Die sexuelle Revolution hat die Werte umgestürzt, die seinerzeit heilig waren, die Ehe ist ein Auslaufmodell, der Partnerwechsel Usus, Religionen ein lächerlicher Anachronismus - da muss man sich schon etwas einfallen lassen, damit aus dem damaligen Drama keine verstaubte Komödie oder unfreiwillige Lachnumer wird.

Die Oberfläche hat Holten zünftig poliert, und dazu sind ihm auch einige witzige Ideen eingefallen, von denen manche allerdings übers Ziel hinausschießen - ein Duett übers Mobiltelefon hat man so glücklicherweise noch nicht gehört. Die Substanz konnte oder wollte er allerdings nicht auf Augenhöhe unserer Zeit transformieren, auch wenn er sich massive Schnitte erlaubte, die Reihenfolge der Nummern änderte und einen teilweise stark abweichenden, englischen Text unterlegte, welcher einer modernen Industriegesellschaft Rechnung trägt, in der nicht mehr gefochten, sondern scharf geschossen wird.

Phänomenal dagegen das Orchester sowie die SängerInnen, sämtliche Ensemble-Mitglieder überzeugen sowohl stimmlich als auch darstellerisch und ästhetisch - sogar die vielleicht etwas zu alte Zerlina, die aber mit ihrer schönen Stimme das Publikum und mit ihren ebenso schönen, bloßen Brüsten Juan in ihren Bann zu schlagen vermag.

15.07.2011

3

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Kommentare

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reidsch221

vor 12 Jahren

tolle OperverFILMUNG! für jeden der schon mal mit dem Gedanken spielte sich in die Oper zu begeben aber sich doch nicht traute.. Superbe Inszenierung des Regisseurs.. Musik, Actors(Singers), Top!


reidsch221

vor 12 Jahren

wundervoller film.


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