Carancho Argentinien, Chile, Frankreich, Korea, Republik (Süd) 2010 – 107min.

Filmkritik

Auf Leben und Unfalltod

Filmkritik: Eduard Ulrich

Regisseur Pablo Trapero war wohl schon selbst ein Autounfallopfer, denn damit kennt er sich offensichtlich bestens aus. Das ist praktisch, der Autounfall ist nämlich der Motor, der nicht nur sein schmutziges Meisterwerk, sondern auch ein System von Versicherungsbetrügern antreibt, das in Argentinien angeblich weit verbreitet ist. Die Geschichte vom Juristen in den besten Jahren und der jungen Ärztin, die in dieses Getriebe graten, wirkt wie eine Frontalkollision.Héctor (Ricardo Darín) hat sein Anwaltspatent verwirkt und Ärger mit dem Syndikat, für das er Unfallopfer und Versicherungen ausnimmt. Gleich zu Anfang wird er verprügelt, weil er Rechnungen noch nicht beglichen hat - es war nicht das erste und wird nicht das letzte Mal gewesen sein. Die etwa 30-jährige Luján arbeitet noch nicht lang als Unfallärztin, hält Distanz zu ihren Arbeitskollegen. Sie hütet ein Geheimnis, das steigert ihre Attraktivität, es muss kein schönes sein. Héctor verliebt sich trotzdem.Vielleicht war der Adrenalinstoß kurz vor dem Zusammenprall Traperos glücklichster Moment, jedenfalls möchte er sein Publikum diesen Moment erleben lassen. Eine feine Sache, man kann wie bei einem Sprung in den Abgrund am Gummiseil den Nervenkitzel auskosten, ohne sich den Schädel zu zerschmettern. Trapero ist der Typ, der gerade dann noch Gas gibt, wenn er auf ein Hindernis zurast, obwohl sein Vehikel keine Bremsen hat. Wenn man sich die Frage stellt, ob das gut ausgeht, was Héctor plant, um sich zur Wehr zu setzen, als er in seiner Existenz bedroht wird, ist es längst zu spät, denn die Antwort wurde schon am Anfang gegeben. In der brillanten Konstruktion greifen alle Rädchen perfekt ineinander, treiben die Handlung unerbittlich auf ihren Kulminationspunkt zu, an dem alles gebündelt eingesetzt, ein intellektuelles Schleudertrauma riskiert wird. Die besten Geschichten schreibt angeblich das Leben - diese könnte es geschrieben haben. Leichtes Spiel für die Darsteller, die sich zurückhalten und so ihre Wirkung steigern, ihre Figuren noch zum Leben erwecken, auch wenn sie vielleicht bald sterben müssen. Ein Film ist zu kurz für schlechte Szenen, scheinen alle Beteiligten zu denken. Die Bilder sind dreckig und echt, wie ein Dokumentarfilm sieht das oft aus, man sucht unwillkürlich nach den Blut- und Ölspritzern auf der Linse. Eine Warnung: Dieser Film darf nur in Kinos mit Sicherheitsgurten an den Sitzen gezeigt werden.

03.09.2014

5

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Kommentare

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caminovie

vor 12 Jahren

nervig.


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