CH.FILM

Beyond This Place Schweiz, USA 2010 – 95min.

Filmkritik

Wenn der Vater mit dem Sohne

Rolf Breiner
Filmkritik: Rolf Breiner

30 Jahre hatten sie kaum Kontakt. Nun finden ein alter Hippie und sein in der Schweiz lebender Sohn endlich zusammen - für eine gemeinsame Velotour zum Spirit Lake im Nordwesten der USA.

Er schrieb Briefe, aber sonst schien er sich keinen Deut um seinen Sohn gekümmert zu haben. Cloud Rock La Belle lebte in den 1970er Jahren mit seinen Hippiefreunden auf Maui (Hawaii), wo man sich liebte und meditierte, meistens im Drogenrausch. Eines Tages verschwand Cloud nach Portland (Oregon) - ohne den Sohn und dessen Mutter; die beiden zogen nach Detroit, wo Kaleo vaterlos aufwuchs. Cloud schickte ihm zwar ab und an Briefe, suchte aber keinen persönlichen Kontakt. Einer der Briefe war die Initialzündung für den heute in der Schweiz lebenden Kaleo, den Kontakt zum Vater aufzunehmen und den Versuch ihrer Annäherung in einem Dokumentarfilm festzuhalten.

Die Vorgeschichte - das Hippieleben auf Maui - wird in Rückblenden und Interviews mit Weggefährten eingestreut. Wie ein roter Faden zieht sich die Fahrradtour von Vater und Sohn durch dieses Roadmovie der langsamen Art. Ziel der Reise von Vater und Sohn ist der Spirit Lake am Fusse des Mount St. Helens im US-Bundesstaat Washington. Der Vulkan brach 1980 aus - genau in dem Jahr verliess Cloud seine Familie.

Der Trip wirkt reinigend, wird zu einem Prozess der Läuterung, Annäherung und Selbstfindung. Kaleo beginnt zu begreifen, dass dem Vater seine Freiheit (Drogen inklusive) und seine individuelle Selbstverwirklichung über alles geht - auch über die Verantwortung zur Familie. Clouds Credo: "Die Wolken am Himmel haben keine Wurzeln - wie ich." Und er ist überzeugt: "Wir heilen diese Wunden" - Wunden, an denen der Sohn noch heute leidet.

Obwohl in "Beyond the Place" viel von Hippies, Drogenkonsum und Vergangenheit die Rede ist, geht es in erster Linie um Selbstverwirklichung, radikal gelebten Individualismus und väterliche Verantwortung, um Verletzungen und Verzeihung. Die streckenweise meditative Tour zum Spirit Lake ist auch ein Zeitbild über eine versunkene Bewegung, zwischenmenschliche Annäherung und Verständnis. Der Sohn mag mit der Tour und dem Film seinen Frieden gefunden haben, sein Vater bleibt seinem alten Leben treu. Ohne Kompromisse.

18.02.2024

3

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