Barfuss nach Timbuktu 2009 – 86min.

Filmkritik

Zürich - New York - Timbuktu

Filmkritik: Eduard Ulrich

Ein talentierter Zürcher Arbeiterjunge zieht in die Welt hinaus, rastlos auf der Suche nach einer sinnvollen Aufgabe. In Mali scheint ein Flecken auf ihn gewartet zu haben, aber die Politik kippt - wie so oft - Sand ins Getriebe.

Martina Egi, einer ehemaligen Mitarbeiterin des Schweizer Fernsehens, fällt in New York ein Buch von Ernst Aebi aus dem Jahr 1983 in die Hände, in dem er unter anderem sein dreijähriges Mali-Abenteuer erzählt. Als sie selbst viele Jahre später die Sahara durchqueren will, stößt sie wieder auf das Buch, liest es fasziniert und beschließt, den Autor um Rat für ihre eigene Reise zu fragen.

Egi triff Aebi, die Chemie stimmt und schon geht die Dokfilmautorin mit der Idee schwanger, das Leben dieses Abenteurers und Weltenbummlers zu verfilmen, wobei der Schwerpunkt auf Äbis Herzensprojekt in Mali liegen soll. Aebi kann als 50-jähriger nach einer abwechslungsreichen Karrie vom extrem mobilen Pflastermaler zum Immobilienertragsnutzer nicht auf der faulen Haut liegen, reist viel und bleibt im Dorf Araouane in Mitten der Sahara hängen.

Der Treibsand hat die Reste der Gebäude schon fast unter sich begraben, die Regierung hat den Ort längst aufgeben, nur die Einwohner können sich nicht entschließen wegzuziehen. Da kommt Aebi gerade recht, investiert und instruiert, baut eine kleine Schule, erschließt Brunnen, stellt einen Lehrer und legt Gemüsegärten an. So muss Entwicklungshilfe funktionieren, wenn sie überhaupt funktionieren kann, denkt man. 20 Jahre später besucht Aebi seine ehemalige Wirkungsstätte wieder, aber diesmal sind die Kameras dabei. Diese Reise bildet die Klammer, während die Lebensgeschichte in Gesprächen mit Aebis Verwandten und Freunden und mittels Filmarchivmaterial vom damaligen Besuch eines nordamerikanischen Senders in Araouane etappenweise erzählt wird.

Das Ergebnis dieser engagierten Arbeit ist zwiespältig: Es bleiben biografische Lücken, der kunsthandwerkliche Teil des Schaffens wird nur gestreift, das Motiv für den Film ist nicht klar. Aebis Persönlichkeit bleibt flach, gewisse, durchaus zweifelhafte Entscheidungen werden nicht hinterfragt und die 86 Minuten sind nicht effizient genutzt, weil Informationen wiederholt werden oder nur langsam fließen. Da wird man wie Äbi leicht ungeduldig. Biografien taugen im Detail nicht als Vorbild, weil alle Menschen verschieden sind. Als Held kann man den spontan, um nicht zu sagen oft planlos agierenden Aebi auch nicht verklären, denn dazu fehlt seinem Wirken die Permanenz. Immerhin hat er sein Vermögen teilweise unters Volk gebracht und seinen bescheidenen Lebensstil beibehalten.

24.11.2009

3

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Kommentare

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fuiko

vor 14 Jahren

köstlich, keine sekunde langeweile. s macht einfach spass, ernst aebi zu erleben und zu hören - ganz egal wo er gerade seine ideen verwirklicht auf unserer für ihn offenbar winzigen erde...


brauer

vor 14 Jahren

Ich hatte das Vergnügen, den Film in einer Vorpremiere zu sehen: Der beste Schweizer Dok seit Langem. Unverkrampft, witzig, mit wunderschönen Wüstenaufnahmen und aufschlussreichem Archivmaterial erzählt er die Geschichte des Abenteurers und Lebenskünstlers Ernst Aebi, der einst auszog, um ein Dorf mitten in der Wüste Malis vor dem sprichwörtlichen "Verwüsten" zu retten. Im Film kehrt er zurück nach Mali, um herauszufinden, was von seinem Engagement übrig geblieben ist.Mehr anzeigen


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