Immer nie am Meer Österreich 2007 – 88min.

Filmkritik

Weggeschlossen in Österreich

Benedikt Eppenberger
Filmkritik: Benedikt Eppenberger

Anzensgruber und Baisch sind in der Panzerlimousine des toten Ex-Nazis und Ex-Staatspräsidenten Kurt Waldheim unterwegs. Später gesellt sich noch der deutsche Alleinunterhalter Schwanenmeister dazu. Nach einem Unfall stecken die drei im österreichischen Wald zwischen zwei Baumstrünken fest. Kein Weg führt nach draussen. Prosecco und ein überreifer Heringssalat müssen reichen, bis Hilfe naht. Doch die lässt auf sich warten.

Nicht erst seit Kampusch und Fritzl weiss man: In Österreich hat das Wegschliessen Tradition. Noch bevor es mit Amstetten & Co. ernst zu werden begann, drehte Regisseur Antonin Svoboda die schwarze Komödie «Immer nie am Meer». Hier geraten drei erwachsene Männer in eine Art Isolationszelle und haben fortan viel Zeit, sich gegenseitig auf die Nerven zu gehen. Vor allem Anzensgruber (Christoph Grissemann) und der lethargische Geschichtsprofessor Baisch (Dirk Stermann) können sich nicht riechen. Dass die beiden miteinander verschwägert sind, macht die Sache nicht besser. Der Professor ist stolzer Besitzer der Panzerlimousine von Alt-Nazi und Alt-Staatspräsident Kurt Waldheim, und in dieser will er den betrunkenen Schwager nach Hause führen.

Bald gesellt sich zum Duo der deutsche Alleinunterhalter Schwanenmeister (Heinz Strunk) dazu, welcher zuvor einen Unfall gebaut hatte. Baisch schlägt vor, ihn durch den nächtlichen Wald ins nächste Kaff zu fahren. So weit kommt es aber nicht, denn nun baut der Intellektuelle seinerseits einen Unfall. Mit vollem Karacho donnert die Karosse einen Abhang runter, weit weg von der Strasse, und bleibt erst zwischen zwei Baumstrünken eingeklemmt wieder stehen, so perfekt platziert, dass sich keine Türe mehr öffnen lässt. Die automatischen Fensteröffner sind ebenfalls ausgefallen, und weil alles niet- und nagelfest blockiert ist, hockt das Trio fern der Menschheit fest. Als sich nach zermürbenden Tagen mit Prosecco und ranzigem Heringssalat endlich jemand dem Wagen nähert, ist es nicht der erhoffte Erlöser.

Es gibt was zu lachen in Svobodas schwarzer Komödie. Dafür sorgt zuallererst das österreichische Kabarettisten-Duo Grissemann/Stermann, das sich das Gekeife in der Panzerlimousine auf den Leib geschrieben hat. Auf dem Hintersitz hockt Heinz Strunk (Autor von «Fleisch ist mein Gemüse», der umwerfenden Lebensbeichte eines Dorfstadlmusikanten), der ein Beispiel für komisches Talent jenseits der alldeutschen Comedy-Hölle gibt. Aus der Distanz betrachtet, ist Svobodas feststeckende Limousine mit ihrer menschlichen Fracht das sprechende Bild totaler Hoffnungslosigkeit. Hier erlebt man den rasenden gesellschaftlichen Stillstand, die Einsamkeit in der Zweisamkeit, den unverhohlenen Hass zwischen den Menschen und das folgenlose Endlosgequatsche, das uns auf allen Kanälen in jeder Situation verfolgt, auf 2x2x2 Metern hautnah mit. Diese Komödie ist auch ein Horrorfilm.

08.02.2011

4

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Kommentare

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pfuteri

vor 15 Jahren

Da sitzen diese drei nun eingesperrt in einem Auto. Der Inhalt der Dialoge die sie in dieser sich immer mehr zuspitzenden Situation führen, ist mehr als dürftig. Klar, wenn man als Personagen drei Pfeifen nimmt, müssen die Dialoge ja auch Quark sein. An den Schauspielern liegt's nicht. Dieses Mal enttäuscht der östereichische Film. Weder für Schenkelklopf-Publikum geeignet, noch für jemanden, der etwas spezielles aus dieser Situation erwartet. Hier empfehle ich eher "Gerry" und "Abwärts".Mehr anzeigen


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