Indigènes Algerien, Belgien, Frankreich, Marokko 2006 – 128min.

Filmkritik

Vergessene Helden

Andres Hutter
Filmkritik: Andres Hutter

Nach der Niederlage Frankreichs im Zweiten Weltkrieg bekämpfen De Gaulles Truppen die deutsche Besatzung von Nordafrika aus. Indigènes erzählt die Geschichte derjenigen Soldaten, die in den französischen Kolonien rekrutiert wurden und für ein Land kämpfen, das sie noch nie betreten haben.

Zu Beginn des Filmes sind die Landschaften Nordafrikas noch in trübes schwarz-weiss gehüllt. Doch dann zieht ein Nebel über das Bild und taucht die karge Gegend in helle Farben. Eine Metapher dafür, was der Regisseur Rachid Bouchareb mit Indigènes vorhat: Ein unrühmliches Kapitel der Geschichte Frankreichs, das längst in Vergessenheit geraten ist, in der Gegenwart neu aufleben zu lassen.

So folgt er einer Gruppe von Männern aus Algerien und Marokko, die sich aus verschiedenen Gründen in den Dienst von De Gaulles Truppen stellen: Viele tun es für das Geld, andere für Ruhm und Ehre und einige aus Bewunderung für die französische Nation. Über Italien gelangen die Truppen nach Frankreich, um dort die deutsche Besatzung zu bekämpfen und das "Mutterland" zu befreien. Doch noch viel mehr als das fesselnd inszenierte Kriegsgeschehen interessiert Bouchareb dabei die Behandlung der nordafrikanischen Soldaten in der französischen Armee.

Der Film verweist auf die zahlreichen Ungerechtigkeiten, die den Soldaten aus Nordafrika widerfahren: Sie erhalten schlechteres Essen als ihre französischen Kameraden, werden bei den Beförderungen regelmässig übergangen und ihr Fronturlaub wird immer wieder aufgeschoben. Neben diesem mal mehr, mal weniger offenen Rassismus und der Diskriminierung prangert der Film aber vor allem die fehlende Dankbarkeit Frankreichs an. Denn nach Kriegsende geraten die nordafrikanischen Befreier rasch in Vergessenheit und selbst als der Film 2006 in Frankreich erstmals gezeigt wurde, hatten viele Veteranen aus den ehemaligen Kolonien vom Staat noch keine Pension erhalten.

Doch auch ohne sein aufklärerisches Engagement überzeugt Indigènes. Trotz seiner grossen Ambitionen ist der Film redlich darum bemüht, der Komplexität der Geschehnisse gerecht zu werden und differenzierte und vielschichtige Charaktere zu zeichnen. Über weite Strecken gelingt das hervorragend, vor allem dank des grossartigen Schauspielerensembles, das in Cannes gemeinsam den Preis für den besten Darsteller gewann. Die mal rastlose, mal distanzierte Kamera und die auffällige Farbgestaltung tragen dazu bei, Indigènes zu einem packenden und emotionalen Kriegsdrama werden zu lassen, das zu Recht für den Oscar als bester ausländischer Film nominiert wurde.

25.05.2021

5

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