Tsotsi Südafrika, Grossbritannien 2005 – 95min.

Filmkritik

Kinder-Überraschung

Filmkritik: Simon Kern

"Tsotsi" handelt von der Läuterung eines jugendlichen Kleinkriminellen in einem "Shanty Town" von Johannesburg. Dass Regisseur Gavin Hood mit seinem Drama das Mitgefühl des Publikums massiert, hat ihm nicht zum Nachteil gereicht - "Tsotsi" wurde mit einem Oscar prämiert.

Am 5. März dieses Jahres durfte der Südafrikaner Gavin Hood den Oscar für den besten fremdsprachigen Film entgegennehmen. Er bedankte sich insbesondere bei seinen jungen Hauptdarstellern. Es war dies mehr als bloss eine schöne Geste. Presley Chweneyagae ist in diesem Film das eigentliche Ereignis, ein Debütant, der die wichtigste an ihn gestellte Anforderung meisterte: die kindlich unschuldige Seite des Titelhelden ebenso glaubhaft abzubilden wie seine bestialische Härte. Chweneyagae ist Dreh- und Angelpunkt von "Tsotsi", als gleichnamiger Strassenräuber, der in seinem erkalteten Herz unerwartetes Mitgefühl aufflackern fühlt.

Zu Beginn ist davon noch nichts zu spüren. Als Anführer einer Clique von Kleinkriminellen nimmt Tsotsi in der U-Bahn den Tod eines wehrlosen Geschäftsmannes in Kauf. Und als ein Gefährte wenig später über das Wesen des Anstandes sinniert, haut er ihm kaltschnäuzig das Gesicht zu Brei. Doch dann der Wendepunkt - Tsotsi schiesst in einem Nobelquartier eine Automobilistin nieder und "carjacked" ihren Wagen. Was der Strassenräuber erst später bemerkt: Auf dem Rücksitz liegt ein Baby. Als wär's blosse Beute, schafft Tsotsi das Kind in seine kleine Hütte in einem "Shanty Town". Findig genug, aus einer Zeitung eine Windel zu basteln, ist der halbwüchsige Gangster allemal, aber wie will er den Hunger des Babys stillen - und wie das Kind, nach dem inzwischen gefahndet wird, verborgen halten?

Wenn ein hartgesottener Kleingangster unvermittelt Mitgefühl entwickelt und Fürsorge für ein Baby zeigt, verbreitet sich der ranzig süsse Duft des Betroffenheitskitsches. Tatsächlich ist "Tsotsi" nicht frei von Gefühlsduselei, anschwellenden Mitleidsmelodien und Selbstergriffenheit. Hält Regisseur Gavin Hood sich aber einmal zurück, schafft er plötzlich Raum für nun wirklich berührende Momente. Wie ein alltäglicher Akt der Mütterlichkeit Tsotsi in regloses Staunen versetzt, beispielsweise. Und Bilder der Lebensumstände südafrikanischer Halbwüchsiger, denen freistehende Betonröhren als Obdach genügen müssen.

Eine Randbemerkung: Das südafrikanische Kulturministerium hat gut zwei Monate vor dem Oscar-Triumph dieses Filmes die Förderung von Filmprojekten eingestellt.

10.11.2020

4

Dein Film-Rating

Kommentare

Sie müssen sich zuerst einloggen um Kommentare zu verfassen.

Login & Registrierung

cinemansilvia

vor 17 Jahren

Ein sehr sehenswerter Film. Ausgezeichnete Darsteller, cooler südafrikanischer Township-Sound. Was mich nicht voll überzeugt hat, war der rasche Wandel des Tsotsi vom Saulus zum Paulus. Zum Teil recht brutale Szenen.


fran82

vor 17 Jahren

Diejenigen, die solche Filme immer abtun, sollten vielleicht wieder vermehrt actionfilme ansehen - da gibt es für Euch wahrscheinlich mehr zu sehen! Nichts gegen Kritik, aber wer keinen Horizont hat, der kann das doch auch für sich behalten - den Mensch als Mensch sehen scheint heutzutage eine Kunst, böse kommt keiner auf die Welt, also ist es doch wohl möglich, dass einer mit der richtigen Unterstützung einen besseren Weg einschlagen kann, wenn noch nicht zuviel kaput ist..Mehr anzeigen


janasinca

vor 17 Jahren

Warum dieser Film den Oskar gewann... aber hallo... mal ehrlich.... who knows.....?
Total überladen mit kitschigen Clischés,
überhaupt nicht authentisch... eigentlich eher eine Komödie. Die ewig gleiche Geschichte vom Badboy, der eine schlechte Kindheit hatte, sehr böse wird, sich dann aber trotzdem wieder auf sein eigentlich ach so gutes Herz zurückbesinnt... und alles bereut und plötzlich zum gefühlvollen Ehrenmann mutiert. Ich empfehle euch in die Videothek zu gehen und das echt hammerharte, brasilianische, originale Pendant City of God zu holen.... ein genialer Film, der die Wirklichkeit in diesen Ghettos auf echte, gänsehautartige Weise demonstriert.
Alles klar?
Warum ich dem Film trotzdem einen Punkt gebe..... die Babys sind total süss.... der einzige Grund dafür Geld auszugeben.Mehr anzeigen


Mehr Filmkritiken

Kung Fu Panda 4

Challengers - Rivalen

Civil War

Back to Black