South Park: Der Film USA 1999 – 81min.

Filmkritik

In der Hölle ist der Teufel los

Benedikt Eppenberger
Filmkritik: Benedikt Eppenberger

Dass ausgerechnet die graphisch am stärksten aufs Sandmännchenformat zugeschnittene TV-Zeichentrickserie zum Kinoformat aufgeblasen wurde, ist nur einer von rund zehntausend groben Witzen des Leinwandspektakels "South Park: Bigger, Longer & Uncut".

In der Hölle ist der Teufel los, denn seitdem dort Saddam Hussein Einzug hielt, vergeht kaum eine Minute, dass der Unersättliche nicht nach Sex mit Luzifer schrie. Der wiederum sehnt sich nach dem Moment, in dem die USA endlich zwei kanadische Filmkomiker hinrichten. Dann nämlich ist für ihn der weltgeschichtlich entscheidende Moment gekommen, aufzusteigen aus der Unterwelt, und den Erdkreis zu beherrschen. Was er allerdings nicht weiss: Saddam will diese einmalige Gelegenheit gleichfalls nutzen, um - natürlich - die Weltherrschaft an sich zu reissen.

Wie konnte es bloss dazu kommen? Wie gelangte Kenny, ein kleiner Junge mit grosser Kaputze, in die Hölle? Wird es ihm gelingen, seine Freunde zu informieren, auf dass diese die Hinrichtung der beiden bedrohten Kunstfurzer verhindern? Wie aber konnte es zum Krieg zwischen Kanada und den Vereinigten Staaten kommen? Wird Stan die Klitoris finden? Warum kann Cartman nicht mehr fluchen? Und was überhaupt haben die Baldwin-Brüder bzw. die Arquette-Familie mit der Sache zu schaffen?

Antworten auf all diesen Fragen liegen im ewigen Schnee des titelgebenden Hillbilly-Kaffs South Park, Colorado. Dort sind, kurz bevor die Angelegenheit eine globale Dimension anzunehmen begann, die vier schulpflichtigen Racker Stan, Cartman, Kyle und Kenny von den Fäkal-Filmen der kanadischen Komiker Terrance und Phillip dermassen verdorben worden, dass Lehrer Garrison Eltern und Schulpsychologie alarmieren muss. Die darauf flugs gegründete Elterninitiative gegen Schund gewinnt rasch an Dynamik, so dass, einmal losgelassen, die Sache nur noch mit der totalen Auslöschung Kanadas - dem neuen Erzfeind der USA - zu Ende gebracht werden kann.

Heimat des Hässlichen

Was sich hier wie die diffuse Vision eines zugedröhnten Marylin-Manson-Fans anhört, ist in Wirklichkeit ein höchst sinnfälliges Märchen darüber, wie das selbsternannt moralisch Gute und Anständige "das Böse" erst richtig in die Welt befördert. So hauen sie denn auch alles in die Pfanne, Trey Parker und Matt Stone, die Erfinder von "South Park". Nichts bleibt ihnen heilig, und was schon unheilig war, kriegt einen Tritt extra; Scheinheiliges sowieso. Militärs, Politiker, Medienschaffende, rassistischer White Trash, Kanadier, Psychologen, schwule Bruderschaften, überbesorgte jüdische Mütter, frauenhassende Lehrer, schwarze Macho-Hengste, religiöse Fanatiker, scheisseliebende Deutsche, Brooke Shields, Bryan Adams und Winona Ryder. Es sieht fast so aus, als wollten's die beiden tasächlich mit allen verderben.

Zur zeichnerisch anspruchslosen und inhaltlich unverdächtigen Sandmännchen-Legetrickfilmtechnik, die schon den TV-Folgen die unverwechselbare Prägung gab, kommt beim Kinofilm - als weitere Camouflage - nun noch das Spiel mit Musical-Nummern dazu. Die sind allesamt so süffig mitreissend in die Tasten gehauen, dass sich im Kino manch einem Zuschauer wohl erst beim zweiten Hinhören bewusst wird, welch unglaublichen Schweinskram er da eben mitzusummen begonnen hat (Anspieltipp: "Uncle-Fucker").

Für die "poetischen" Qualitäten dieser Holzhackertechnik spricht, dass der wilde Mix aus Genre-Zitaten, Popkultur, pubertärer Anpisserei und politischer Satire als ungetrübter Spass daherkommt. Gleichzeitig bleiben die konkreten Anliegen der beiden Autoren immer unangenehm sichtbar, was wiederum die Hoffnung weckt, mit der (Neu)-Entdeckung des Trickfilms in den 90er Jahren könnte all jenes aus dem Mainstream-Kino vertriebene un-schön, un-fertig, un-förmig Hässliche, endlich wieder eine Heimat gefunden haben.

25.01.2021

4

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