Interview

Hugh Grant: «Ich altere schlecht, aber das ist mir egal.»

Irina Blum
Interview: Irina Blum

Der sympathische Brite spricht im Interview über seine Karriere, das Älterwerden und seinen neuen Film «Florence Foster Jenkins».

Hugh Grant: «Ich altere schlecht, aber das ist mir egal.»

Hugh Grant, Sohn einer Lehrerin und eines Künstlers, wurde 1960 in London geboren. Bekannt wurde er durch seine Rolle in Vier Hochzeiten und ein Todesfall, wonach viele weitere romantische Komödien folgten wie Notting Hill, About a Boy oder Tatsächlich... Liebe. Aufgrund seiner Präferenz für romantische Komödien wurde er deshalb auch oft auf dieselbe Rolle des charmanten aber oberflächlichen Typen reduziert. In seinem neuen Film, dem Drama Florence Foster Jenkins betritt er mit seiner vielschichtigen Rolle des St. Clair Bayfield jedoch Neuland und zeigt, dass er mehr kann als nur den Strahlemann zu spielen. Der Film beruht auf wahren Tatsachen und handelt von Florence Foster Jenkins (Meryl Streep), einer New Yorker High-Society Lady, die in den 40-er Jahren eine Gesangskarriere anstrebt. Das Problem dabei ist, dass sie absolut talentfrei ist – nur soll ihr das niemand sagen, denn ihr Ehemann (Hugh Grant) will sie unbedingt vor der Wahrheit schützen. Im Interview spricht er über den Film, seine Karriere, das Älterwerden und was ihm im Leben wichtig ist.

Hugh Grant, Sie sind hier, weil Sie den Golden Icon Award für Ihre Karriere bekommen. Gratulation erstmals!

Dankeschön. Es ist wahnsinnig nett vom Zurich Film Festival, mir so einen Preis zu geben. Niemand gibt mir je einen Preis, deshalb bin ich absolut begeistert.

Wenn Sie auf Ihre Karriere zurückschauen, worauf sind Sie am meisten stolz?

Ich weiss ehrlichgesagt nicht, auf was ich am meisten stolz bin – ich habe einfach immer weitergemacht. Einige Filme haben wohl Leuten Freude bereitet, auf das bin ich schon stolz.

Gibt es auch Dinge, die Sie eher bereuen?

Es gibt sehr vieles, das ich bereue. Manchmal, wenn nach ein paar Bierchen auf der Couch sitze und ein Film von mir im Fernsehen läuft, muss ich wegschalten, es wird mir schlecht, wenn ich mich sehe. Es gibt definitiv viele Sachen, die ich hätte besser machen können.

Sie sind das erste Mal am Zurich Film Festival. Kennen Sie Zürich schon ein wenig?

Nein, bis jetzt bin ich nur in Zürich gelandet, um dann Skifahren zu gehen. Letzte Nacht bin ich das erste Mal richtig in die Stadt gekommen und habe mir ein Schnitzel und ein Bier genehmigt. Dann habe ich einen Spaziergang durch die Altstadt gemacht. Es war richtig bezaubernd, überhaupt nicht das, was ich erwartet hätte. Wenn Sie hier leben, sind Sie ein absoluter Glückspilz!

Sie sind statt dem Flugzeug mit Ihrem Privatauto nach Zürich gekommen. Sind Sie ein passionierter Autofahrer oder gibt es einen anderen Grund dafür?

Nein, ich mag es, meine lächerlichen Autos zu fahren, ich fahre überall hin in Europa. Es ist eigentlich absurd, da ich immer eine halbe Stunde nach dem Start hoffe, dass ich bald ankomme, weil mein Rücken weh tut.

Meryl Streep ist in der Rolle der Florence Foster Jenkins absolut köstlich, vor allem, wenn sie singt. Wie haben Sie das hinbekommen, dass Sie während dem Dreh ernst geblieben sind?

Naja, das habe ich nicht immer so gut hinbekommen. Und sie war gemein: Wenn sie gemerkt hat, dass ich das Lachen nicht zurückhalten kann, hat sie extra übertrieben, sodass ich mich kaum halten konnte.

Wie war Meryl Streep am Set?

So, wie ich sie erwartet hätte: Zum einen hat sie ein extremes Talent fürs Schauspielern, zum anderen hat sie eine beinahe religiöse Hingabe für das Handwerk. Sie war auch hinter den Kulissen völlig in ihrer Rolle: Wenn wir eine lustige Szene drehten, kam sie sehr gut gelaunt ans Set, bei den traurigen Szenen hingegen war sie dann auch selbst eher deprimiert. Sie tauchte so in ihre Rolle ein, dass sie sogar neben dem Set wie Florence geredet hat. Da ich mir nicht mehr sicher war, ob sie Meryl oder Florence war, habe sie schlussendlich einfach Floryl genannt!

Wie war es, mit Simon Helberg zu spielen?

Es war eine Freude, mit ihm zusammenzuarbeiten. Vor allem, weil er noch nervöser war, mit Meryl Streep zu arbeiten als ich. Wir hatten unsere Garderoben nebeneinander und die Wände waren sehr dünn, also konnte ich ihn jeweils bibbern hören vor den Szenen.

An wie vielen Orten haben Sie gefilmt?

Der Film spielt in New York, wurde aber fast gänzlich in England gedreht, in London und in Liverpool. Das ist interessant, denn der Architekt, der New York geplant hat, hat auch Liverpool geprägt. Aber das Filmen hat sich sehr verändert: sobald man einen Drehort nicht mehr so anfindet, wie man ihn bräuchte, dreht man mit einem Green Screen und die Techniker zaubern dann zum Beispiel das New York der 40-er Jahre her.

Ihre Rolle, St. Clair, ist seiner Frau extrem hingegeben und versucht, sie vor allem zu schützen – dafür lügt er auch einmal. Was denken Sie über Ehrlichkeit in der Beziehung?

Ich denke, wenn man jemanden wirklich liebt und diese Person eine solche Leidenschaft für eine Tätigkeit hat, dann schützt man sie, auch wenn man denkt, dass sie nicht so gut darin ist. Florence musste schwierige Zeiten durchmachen, darum denke ich schon, dass es legitim ist, sie zu belügen. Ausserdem wäre St. Clair ohne sie nichts, deshalb muss er ihre gemeinsame Welt schützen.

Und was würden Sie tun, wenn Ihre Tochter Sängerin werden wollen würde und sie absolut kein Talent hat?

Als Vater ist das natürlich etwas Anderes. Meine Freunde senden mir manchmal ihre Kinder für ein Vorsprechen. Das ist schwierig, denn manchmal sind sie gut und manchmal eben nicht. Grundsätzlich würde ich jeden ermuntern, seine Ziele zu verfolgen, aber dann hat man natürlich auch eine gewisse Verantwortung und es wäre schade, wenn sie zehn oder zwanzig Jahre ihres Lebens verschwenden würden.

Wie stehen Sie dazu, dass Bayfield neben seiner Ehefrau eine Geliebte hat?

Ich glaube, dass ihm das Publikum vergeben wird. Er hat einige Gründe, wieso er das tut.

Sie sind gerade 56 geworden. Wie kommen Sie mit dem Alter zurecht?

Nun ja, ich habe sehr viel teure Arbeit machen lassen, ich hoffe das sieht man [lacht]. Nein, ich altere sehr schlecht, aber das ist mir eigentlich egal. Während meiner Jugend habe ich immer viel jünger ausgesehen als ich war, erst in «vier Hochzeiten und ein Todesfall», mit 33, habe ich endlich wie ein Erwachsener ausgesehen. Und ich wurde auch immer für ein Mädchen gehalten: während meinem Sprachaufenthalt in Paris haben mich alle mit «Mademoiselle» angesprochen.

Der Film vermittelt einem stark das Gefühl, dass es vor allem wichtig ist, im Leben etwas zu tun was Einem wirklich Freude bereitet. Ist das für Sie auch so?

Das ist wahrscheinlich wahr. Ich finde immer, das grösste Geschenk als junge Person ist, etwas zu haben was man wirklich gern macht. Es kommt nicht darauf an, was es ist – Briefmarkensammeln oder Investmentbanking – wenn du es wirklich liebst, dann bist du glücklich für das ganze Leben. Ich finde es traurig, dass viele Kinder eine so gute und teure Ausbildung erhalten und dann am Ende nicht wissen, was sie machen wollen. Ich war auch so, ich habe nie gewusst, was ich machen will. Leute, die etwas wirklich lieben, sollten das wirklich schätzen.

Was haben Sie über das Drehbuch gedacht als Sie es das erste Mal gelesen haben?

Ich habe es geliebt! Und das ist komisch für mich, normalerweise hasse ich alle Drehbücher, darum mache ich auch so wenige Filme. Aber das war wie ein Wunder, ich dachte, vielleicht drehe ich wirklich langsam durch. Aber die Zusage ist mir dann sehr leicht gefallen.

28. September 2016

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