All the Beauty and the Bloodshed USA 2022 – 123min.

Filmkritik

Einblick in eine Künstlerseele

Peter Osteried
Filmkritik: Peter Osteried

«All the Beauty and the Bloodshed» ist eine eindrucksvolle Dokumentation über die Künstlerin Nan Goldin, die 1985 bekannt wurde und sich seitdem auch als Aktivistin einsetzt. Dann begann sie die Hand zu beissen, die sie füttert.

Nan Goldin wurde mit der Ausstellung «The Ballad of Sexual Dependancy» im Jahr 1985 bekannt. Die Fotografin hat sich in ihrer Arbeit immer unangenehmen Themen angenommen. Sie wurde in zahlreichen Museen ausgestellt. Viele dieser Museen wurden von der Sackler-Familie unterstützt und haben ihnen ganze Flügel gewidmet. Die Sacklers sind jene Big-Pharma-Familie, die in den USA die Opioid-Krise ausgelöst hat, weil sie das Suchtpotenzial ihres Schmerzmittels OxyContin heruntergespielt hat. Die Dokumentation folgt Nan Goldin, die sich damit auseinandersetzt, in Institutionen ausgestellt worden zu sein, die durch die Sacklers vom Leid Abertausender profitiert haben.

«All the Beauty and the Bloodshed» hat als Titel einen direkten Bezug zu Nan Goldins älterer Schwester Barbara Holly Goldin, die sich im Alter von 18 Jahren das Leben nahm. In einem Evaluierungsbericht eines Psychiaters taucht die Begrifflichkeit auf. Der Film ist ebenso wie Goldins 1986 erschienenen Buchs «The Ballad of Sexual Dependency» ihrer Schwester gewidmet.

Die Dokumentarfilmerin Laura Poitras, die einen Oscar für ihren Film «Citizenfour» erhielt, schlug Goldin vor, ihren Kampf in einem Film zu verarbeiten. Die Künstlerin war selbst abhängig von OxyContin und gründete die Organisation P.A.I.N., mit der sie nicht nur die Sackler-Familie zur Rechenschaft ziehen, sondern auch den Fokus auf das Blutgeld legen wollte, das der Kunstbetrieb nur zu gerne nimmt.

Goldin kommt selbst zu Wort. Ihre Texte sind bisweilen von einer gewissen Poesie, wenn auch rau und direkt, aber sie zeigen Wirkung. Der Film befasst sich mit ihrem Leben, mit dem Elend, aus dem sie sich erhob, das sie aber auch zum Zentrum ihrer Arbeit machte. Zumeist redet Goldin, bisweilen stellt Poitras eine Frage. Dabei wird sie weniger zu einer Interviewerin und Dokumentarfilmerin, als zu einer Vertrauten, der die Künstlerin auch sehr Privates anvertraut. Denn auch das ist ein Thema dieses Films: Dass das Private in unserer heutigen Gesellschaft weit weniger privat ist, als wir denken.

25.04.2023

5

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Kommentare

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Filmenthusiast

vor 11 Monaten

Spannender Film, jedoch etwas zuviel persönliche Lebensgeschichte. Interessant dabei finde ich, dass sie alles mögliche (zurecht) an den Pranger stellt mit Ausnahme der Ursache ihrer eigenen Probleme/Lebenskrise: Ihre Eltern. Da scheint sie sehr versöhnlich zu sein.


Barbarum

vor einem Jahr

"All the Beauty and the Bloodshed" ist eine fesselnde Untersuchung Nan Goldins, der Fotografin und Aktivistin. Bemerkenswert ist vor allem, wie gekonnt die Dokumentation Biografisches mit Informativem - wie etwa zur Opioidkrise - verbindet.


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