Quest USA 2017 – 105min.

Filmkritik

Quest

Zurich Film Festival
Filmkritik: Zurich Film Festival

An Jonathan Olshefskis Dokumentarfilm bestechen bereits der Umfang und die Vision des Projekts: Während neun Jahren begleitete Olshefski die afroamerikanische Familie Rainey aus Philadelphia und sammelte rund 300 Stunden an Filmmaterial, die zu einem Film von knapp 100 Minuten verarbeitet wurden. In dieser Zeit hält Olshefski sowohl intime Familienmomente als auch private Tragödien fest und vergisst dabei nie, jedem Familienmitglied Raum und Stimme zu geben.



Kritik von Sara Bucher im Rahmen des Watch and Write am ZFF 2017.

So erhält der Zuschauer Einblick in das Leben des Rap-Produzenten Christopher „Quest“ Rainey, seiner Frau Christine’a „Ma“ Rainey, die in einem Frauenhaus arbeitet, der Tochter PJ, die auf der Leinwand von einem achtjährigen Mädchen zu einer jungen Frau wird, und Mas Sohn William, der versucht, seiner Rolle als junger Vater gerecht zu werden und gleichzeitig mit seiner Krebsdiagnose umzugehen.

Olshefskis Handkamera, die sich zwischen Alltagsszenen und tiefgründingen Gesprächen, dem Haushalt der Raineys, der Nachbarschaft und Quests Tonstudio bewegt, vermittelt dabei oft das Gefühl, es handle sich um private Heimaufnahmen, die einen direkten Einblick in ihr Leben gewähren. Dabei navigiert der Film geschickt die Linie zwischen einfühlsamem Porträt und politischer Botschaft: Während der Film eingespannt ist zwischen zwei Präsidentschaftswahlen, beginnend mit Barack Obamas Wahl 2008 und endend mit Donald Trumps leeren Versprechen an die schwarze Bevölkerung – “What do you have to lose? Give me a chance” – und auch die erschreckende Realität von Schiessereien und Gewalt in der Nachbarschaft zeigt, die direkten und tragischen Einfluss auf die Familie Rainey hat, macht der Film niemals den Fehler, ein dystopisch-negatives Bild des Lebens der überwiegend schwarzen Nachbarschaft zu zeigen.

Im Gegenteil: Der Film findet seine stärksten Momente im Porträt der Gemeinschaft, der Unterstützung untereinander und des Familienlebens. In einer Zeit von Polizeigewalt gegen die schwarze Bevölkerung, von Dehumanisierung, systematischem Rassismus und Kontroversen um Black Lives Matter haben die Aufnahmen des Protestes gegen Waffengewalt in der Nachbarschaft und Diskussionen zwischen Vater und Tochter über die Probleme des amerikanischen Wahlsystems genauso viel radikales Potential wie die ruhigen Bilder des Alltags und den zärtlichen Momenten in der Familie und der Gemeinschaft. All die Alltagsfragmente fügen sich in Olshefskis Film zusammen zu einer Studie in Empathie, die zeigt, dass das Leben einer schwarzen Familie voller Komplexität und Tiefgründigkeit ist und jeder äusseren Stereotypisierung trotzt.

25.05.2021

5

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