Interview

Zach Braff: «Da gibt's keine Ausreden»

Interview: Karine Weinberger

Versucht in seinem ersten Film seit «Garden State», Beruf und Familie unter einen Hut zu kriegen: «Scrubs»-Star Zach Braff über persönliche Geschichten, Schreiben zu zweit und Crowdfunding.

Zach Braff: «Da gibt's keine Ausreden»

Auch wenn Figuren und die Story Ihres neuen Films sehr aus Ihrem eigenen Leben gegriffen sind, erzählen Sie eine universelle Geschichte. Einverstanden?

Das war das Ziel – wie schon bei Garden State. Die meisten Leute sind zwar keine Comedians wie die Hauptfigur von Wish I Was Here, aber wer ist nicht auf der Suche nach irgendetwas? Nicht alle sind jüdisch wie mein Aidan Bloom, aber jeder Mensch hat doch eine spirituelle Seite. Ich will persönliche Geschichten erzählen. Aber solche, in denen man sich wiedererkennen kann.

Sie haben das Drehbuch gemeinsam mit Ihrem Bruder verfasst. Zu zweit schreiben – wie geht das?

Wir haben uns gut ergänzt. Zu zweit schreiben ist wie den Fitnesstrainer treffen, da gibt's keine Ausreden, man muss ran an die Säcke. Ich mag es auch, wenn man sich verteidigen muss. Wenn man sich über die Figuren streitet.

Mal dramatisch, mal komisch: Die Atmosphäre in Wish I Was Here changiert zwischen Lachen und Weinen.

So wie im richtigen Leben! Wenn ich mir einen albernen Comedian anschaue, lache ich natürlich, aber ich habe ihn vergessen, sobald ich wieder im Wagen sitze. Wenn ich mir im Kino schwere dramatische Kost zu Gemüte führen muss, will ich immer nur nach Hause. Ich mag die gut dosierte Mischung aus Ernst und Witz, die schon ein Markenzeichen von Scrubs war.

Ihr Film ist auch eine Hommage an Los Angeles.

L.A. ist für mich wie eine der Figuren des Film. Die Stadt ist wunderschön, aber sie macht die Menschen einsam, auch meine Figuren sind wie gefangen in ihren eigenen Welten. Es gibt viele wunderbare Ecken in Los Angeles, aber die Stadt hat gleichzeitig etwas Leeres. Mein Kameramann hat sich für den Film viele hübsche Plätze ausgesucht, aber da ist nie jemand zu sehen. Seltsam, nicht?

Wish I Was Here handelt von der Beziehung zwischen einem Vater und seinem Sohn, aber auch von der Suche nach Spiritualität. Woran glauben Sie, Zach Braff?

Ich bin in einer sehr religiösen Familie aufgewachsen, ähnlich wie die Hauptfigur des Films. Ich möchte zeigen, wie dieser Mann, der an Wissenschaft und Evolution glaubt, sich auf die Suche nach der Spiritualität macht. Er will, in seiner existenziellen Krise einen Sinn sehen und seinen Kindern erklären können, dass seine Spiritualität sich von der seiner Eltern unterscheidet.

In Garden State haben Sie die Turbulenzen der 20-Jährigen beschrieben – in Wish I Was Here widmen Sie sich den Problemen der 30-Jährigen.

Korrekt. In Garden State habe ich mich für die Jungen interessiert, die nach dem College nicht wissen, was sie im Leben machen wollen. Sie haben die Qual der Wahl, und das kann auch Angst machen. Jetzt geht es um die 30-Jährigen, die ihre Träume nie verwirklicht haben. Die Frage des Films ist also: Wie viel Zeit bleibt einem für die eigenen Träume, wenn man Frau und Kind hat?

Sie haben zehn Jahre für Ihren zweiten Film gebraucht. Warum so lange?

Ich war auch an anderen Sachen dran, aber die haben nicht funktioniert. Ich hätte auch einen kommerziellen Film drehen können, aber ich wollte wieder etwas im Stile von Garden State hinkriegen. Es ist nicht ganz leicht, in Hollywood etwas Neues zu vesuchen. Am Schluss ging es ja auch nur mit Crowdfunding.

Hat es Sie überrascht, dass das hingehauen hat?

Oh ja. Ich hatte mich darauf eingestellt, dass da nach einem Monat etwas Geld zusammenkommt, aber dann hatten wir schon nach 48 Stunden ein hübsches Sümmchen zusammen. Nach zwei Tagen waren uns die zwei Millionen auf sicher, die wir für den Film brauchten.

Normalerweise kennt ein Filmemacher die Leute, die seinen Film finanzieren.

Man kann sich nicht mit 47'000 Leuten unterhalten, bloss weil sie ihr Geld in ein Projekt gesteckt haben! (lacht) Der Druck war gross, sie nicht zu enttäuschen.

Wie konnten sie ihre Interessen und Ideen einbringen?

Wir haben für sie eine Internetseite erstellt, wo wir detailliert über die Produktion Buch führten. Das war super – auch für mich, weil ich davon ausgehen konnte, dass diese 47'000 Leute meinen Film mögen werden. (lacht) Mein Stil ist nicht gerade jedermanns Sache. Wish I Was Here ist ein ehrlicher Film. Fast zu ehrlich!

Ist Crowdfunding je wieder ein Thema für Sie?

Nein! Es war eine gute Erfahrung, bedeutete aber auch viel Arbeit – der Aufwand war sicher zehnmal höher als bei einem herkömmlich finanzierten Film. Es ging ja plötzlich auch nicht mehr um den Film an sich, sondern um die Frage, inwiefern seine Finanzierung meine künstlerische Unabhängigkeit untergrabe. Ich kam mir vor wie ein Politiker im Wahlkampf, dabei wollte ich doch nur einen Film drehen! (lacht) Mein nächster Film wird kommerzieller sein – und weniger teuer. Für Wish I Was Here brauchte ich einfach 5.5 Millionen Dollar.

Werden Sie wieder fürs Fernsehen arbeiten?

Sicher. Ich warte nur noch auf das richtige Projekt.

23. Oktober 2014

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