Wir sind die Neuen Deutschland 2014 – 91min.

Filmkritik

Wenn Junge alt aussehen

Rolf Breiner
Filmkritik: Rolf Breiner

Die Alten zeigen den Jungen, was eine WG-Harke ist: Ein Seniorentrio macht in München eine Wohngemeinschaft auf und kriegt Krach mit einem benachbarten Studentendreier. Die Komödie von Ralf Westhoff hat Pfiff und Pfeffer und sprüht vor Sarkasmus und Spielfreude.

Irgendwie ist man nach Karriere (oder auch nicht), nach Familie, Scheidung oder Trennung, Geldknappheit und Vereinsamung in einer Sackgasse gelandet. Anne (Gisela Schneeberger), um die 60 plus, ist so eine. Sie erzählt davon und ist die treibende Kraft für einen Neuanfang, der eigentlich als Wiedererweckung gedacht war. Sie sucht alte Gefährten aus der Studentenzeit auf, kann Eddi (Heiner Lauterbach), Egomane, gesundheitlich angeschlagen und vereinsamt, und Johannes (Michael Wittenborn), Sozial-Anwalt und Fossil aus den 70ern, für ihre WG-Idee gewinnen.

Doch das muntere Seniorentrio hat die Rechnung ohne ohne die benachbarte Jung-WG gemacht. Katharina (Claudia Eisinger), überforderte Jura-Studentin, Barbara (Karoline Schuch), schlagfertige, aber unfertige Kunststudierende, und Thorsten (Patrick Güldenberg), Pedant und neurotischer Jurastudent, machen Rabatz gegen die Neuen und gehen auf Distanz. Aber hinter der arroganten Fassade, hinter forschem Tun und Sagen verbergen sich Sorgen und Unsicherheiten. Klar, die Fassaden bröckeln, auch bei den Alten, die statt Retro-Idylle mit der Wirklichkeit konfrontiert werden. Anne will aufgeben. Aber dann machen die Jungen schlapp und bitten um Beihilfe. Die Alten zögern zuerst, kommen dann aber in Fahrt.

Mag sein, dass die Entwicklung vorhersehbar ist. Und der Generationenkonflikt ist kein neuer Stoff. Doch die Variante unter dem pragmatischen Motto Wir sind die Neuen wurde so noch nicht durchgespielt. Zwei Wohngemeinschaften, zwei Welten und verhärtete Fronten zwischen Jung und Alt – das sorgt für jede Menge Konfliktstoff. "Bin ich so langsam geworden oder sind die andern viel schneller", fragt sich Anne. Ihr Experiment, alte Lebenslust und gemeinsame Erinnerungen neu zu beleben, scheitert mehr oder weniger.

Der Münchner Ralf Westhoff (Der letzte schöne Herbsttag, Shopping) hat eine schwungvolle intelligente Komödie inszeniert, die zwar nicht ohne Klischees, aber ohne Klamauk, billige Witze und Anbiederungen auskommt. Die WG-Kontrahenten palavern, philosophieren und plauschen – die Hoffnung, ein Leben nach Familie & Co. stirbt zuletzt. Man spürt förmlich, dass das ganze Ensemble mit viel Spass und Vergnügen bei der Sache war. Dem Treiben zwischen Jung und Alt hätte man auch eine habe Stunde länger zuschauen können.

16.04.2024

4

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Kommentare

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Patrick

vor 7 Jahren

Eine WG Komödie die mit guten Darstellern, und frech/witzigen Dialogen punkten kan.


elafonisi

vor 9 Jahren

Viel besser und amüsanter als - aufgrund des Trailers - erwartet. Nicht klischeefrei und die jungen Charaktere überzeichnen ihre Rollen, aber dennoch lohnt sich der Kinobesuch. Wir haben ebenso Tränen gelacht wie unser 12-jähriger Sohn...


pradatsch

vor 9 Jahren

Überzeichnete Charaktere – eine Komödie darf das. Kluge, leise Nebentöne – eine Komödie soll das. Und anhaltend guter Witz – diese Komödie schafft das.


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