Jussi Adler Olsen - Erbarmen Dänemark, Deutschland, Schweden 2013 – 97min.

Filmkritik

Unter Hochdruck

Walter Gasperi
Filmkritik: Walter Gasperi

Als ein dänischer Kommissar (Nikolaj Lie Kaas) in einem ungeklärten alten Fall erneut zu recherchieren beginnt, kommt er einem düsteren Geheimnis auf die Spur. Atmosphärisch dichte Verfilmung von Jussi Adler-Olsens Bestseller "Erbarmen", bei der aber zwangsläufig die Vorlage arg verkürzt wurde.

Kommissar Carl Mørck ist schwer traumatisiert, seit bei einem Einsatz ein Kollege getötet und ein anderer schwer verletzt wurde. Als er aus dem Krankenstand in seinen Job zurückkehren will, wird er in das neu geschaffene Dezernat Q versetzt, das sich auf ungeklärte alte Fälle konzentrieren soll. Wenig Interesse zeigt Mørck zunächst an dieser Aufgabe, dies ändert sich aber, als ihm sein arabischstämmiger Assistent Assad (Fares Fares) aus den Aktenbergen den Fall der vor fünf Jahren verschwundenen Politikerin Merete Lynggaard (Sonja Richter) vorlegt. Bald hegt das Ermittlerduo Zweifel an der Theorie vom Selbstmord der erfolgreichen Politikerin, deckt Widersprüche auf und stösst schliesslich auf ein brutales Verbrechen und ein langjähriges Martyrium.

Die Adaption eines über 500-seitigen Thrillers zu einem gut 90-minütigen Spielfilm erfordert zwangsläufig starke Kürzungen. Nebenhandlungen hat Drehbuchautor Nicolaj Arcel (The Girl with the Dragon Tattoo), Regie bei The Royal Affair) folglich gestrichen, die Anzahl der Figuren reduziert und Vereinfachungen, aber auch gewisse Änderungen in der Haupthandlung vorgenommen.

Den fieberhaften Ermittlungen von Mørck und Assad auf der einen Seite, stehen zahlreiche kurze Rückblenden auf der anderen Seite gegenüber, die Einblick in die vergangenen Ereignisse bieten. Kaum Platz bleibt bei diesem Erzähltempo für die Figurenzeichnung oder die Entwicklung plastischer Szenen, denn Schlag auf Schlag drängt die Handlung vorwärts.

Dicht evozieren aber Regisseur Mikkel Nørgaard und sein Kameramann Eric Kress durch die Reduktion der Farbpalette auf dunkle Töne eine düstere Atmosphäre, die an die Filme David Finchers erinnert. Hoffnungslos scheint nicht nur die alptraumhafte Situation der Verschwundenen, die durch eine intensive Tonkulisse noch eindrücklich verstärkt wird, sondern auch die Welt Mørcks. Kein Blick kann sich hier allerdings aufgrund der Handlungsfülle über die konkrete Geschichte hinaus auf die dänische Gesellschaft öffnen.

Für Kenner der Vorlage bietet The Keeper of Lost Causes somit kaum etwas Neues, frischt eher im Schnelldurchgang nochmals das Leseerlebnis auf, für alle anderen aber legt der TV-Regisseur Nørgaard (Borgen) mit seinem Kinodebüt routinierte und spannende Thrillerunterhaltung vor, die mit einigen heftigen Szenen und der beklemmenden Atmosphäre durchaus auch den gesunden Schlaf stören kann, die allerdings nie die bekannten Bahnen verlässt.

03.05.2024

3

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Kommentare

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Barbarum

vor 7 Jahren

Gelungener Nervenkitzel aus dem hohen Norden ist man ja mittlerweile gewohnt. "Erbarmen" schliesst sich da dank spannender Story und einem unterhaltsamen Ermitterduo nahtlos an.


Rockabilly_ZH

vor 10 Jahren

Mittelmass. Eher für ein TV-Vergnügen als einen guten Kino-Abend


bamoa

vor 10 Jahren

Ich finde den Film äusserst dicht und spannend, es hat sich gelohnt!


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