Un amor Argentinien 2011 – 99min.

Filmkritik

Wiederentdeckte Jugendliebe

Andrea Lüthi
Filmkritik: Andrea Lüthi

Der berührend-melancholische Film der argentinischen Regisseurin Paula Hernández erzählt, wie drei Menschen sich nach 30 Jahren wiedersehen und Gefühle von früher wach werden.

Das Mädchen im geblümten Kleid schwebt lächelnd vorüber - und wird versehentlich von herumalbernden Jungen mit einem Gartenschlauch nass gespritzt. Dann geschieht das Unerwartete: Das Mädchen lacht, fordert noch mehr Wasser, bespritzt sich schliesslich gleich selber. Das ist typisch für Lisa, die mit ihren Eltern neu in das argentinische Dorf Victoria gezogen ist. Vielleicht ist es ihre Unverblümtheit, die den schüchternen Bruno von Beginn weg fasziniert.

Sein bester Freund Lalo, der in einer Auto-Werkstatt arbeitet, gibt sich anfangs brummig und versteckt seine Sensibilität. Auch er ist in Lisa verliebt, und Lisa entscheidet sich für ihn. Bald treten aber erste Konflikte auf: Lisa geht unbeschwerter mit Leben und Liebe um als Lalo, für den Sex nicht in eine ernsthafte Beziehung passt. Bruno ist stiller Beobachter, hin- und hergerissen zwischen Eifersucht und Loyalität. Dennoch zögert er nicht, als sich eine Gelegenheit ergibt, Lisa näherzukommen. Aber dann verschwinden Lisa und ihre Eltern eines Tages ohne Abschied - politische Gründe sind im Spiel, wie sich später herausstellt.

Nach über 30 Jahren steht Lisa plötzlich vor Brunos Haus in Buenos Aires, und so kommt es zu einem Treffen der drei in Victoria, wo Lalo noch immer lebt. Obgleich alle inzwischen ein eigenes Leben führen, sind die Hoffnungen, Erinnerungen an Glücksmomente und Verletzungen wieder da. Die Schauspieler, die Lisa, Bruno und Lalo im Erwachsenenalter darstellen, sind meisterhaft darin, die Gefühle von früher durchschimmern zu lassen, die Geschichte der Jugendlichen in ihre Rolle einzubringen. Da ist offensichtlich, dass sich die beiden Männer früher sehr vertraut waren. Jetzt sind sie verlegen, trauen sich nicht recht, einander anzufassen und tun es trotzdem. Und noch immer scheint es zwischen Lalo und Lisa regelrecht zu vibrieren.

Die Gewissheit des Unwiederbringlichen verleiht dem Film einen wehmütigen Grundton. Das wird noch verstärkt, weil in den Rückblenden auch stilistisch eine grosse Leichtigkeit vorherrscht: Da wird der Sommer in den 70er-Jahre in seiner ganzen Sinnlichkeit spürbar mit zirpenden Grillen, flirrendem Licht auf den Gesichtern und Baden im See. Und doch wird die Jugend nicht idealisiert und das Alter beklagt - vielleicht lässt sich sogar an manches anknüpfen, und nicht alles ist für immer verloren? Un amor, basierend auf einer Kurzgeschichte von Sergio Bizzio, kommt ohne spektakuläre Handlungen und lange Dialoge aus. Der Film verdankt seine Intensität vor allem den sechs Schauspielern, die durch feinste Gesten, Blicke und Berührungen ausdrücken, was unausgesprochen bleibt.

18.02.2024

4

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Kommentare

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gefuehlsmensch

vor 10 Jahren

Ich mag die dramatischen Szenen des Films.


caravaggio

vor 10 Jahren

wunderschöner sensibler film!


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