Honeymoons Albanien, Serbien 2009 – 95min.

Filmkritik

Das Gift nationalistischen Hasses

Filmkritik: Eduard Ulrich

Zwei Länder, zwei Pärchen, zwei Pläne - ein Ziel: In Albanien und Serbien nehmen zwei Unternehmungen ihren Anfang, die viele Gemeinsamkeiten aufweisen, unter anderem den ungewissen Ausgang.

Erstens kommt es anders und zweitens als man denkt. Wenn der serbische Regisseur Goran Paskaljevic zwei Pärchen auf eine Art Hochzeitsreise schickt, ahnt man im einen Fall vielleicht etwas, weil die Feundin eines Verschollenen nicht so recht weiß, ob sie seinen Bruder lieben darf, der schon lang in sie verliebt ist. Vielleicht hat sie "Brothers" von Susanne Bier gesehen, der auch davon handelt, welche Folgen und Wirkungen ein Krieg haben kann, wo er nicht ist oder nie war.

Unter den Folgen der Kriege im ehemaligen Jugoslawien leiden jedenfalls alle, auch diejenigen, die nicht dafür waren: Der hochbegabte Cellist aus Belgrad, der sich um ein Probespiel bei den Wiener Philharmonikern beworben hat und seine bildhübsche Freundin auf Elternbesuch in die serbische Provinz begleitet, wo er mit einer sachlichen Bemerkung aus heiterem Himmel zur Zielscheibe dumpfer Nationalisten wird. Entzündet hat sich der Disput an einem tödlichen Anschlag auf italienische Soldaten der KFOR im Kosovo. Die Meldung zum Anschlag geistert auch durch die Hochzeitsfeier, zu der die Familie eingeladen ist, deren Sohn verschollen ist. Vater, Mutter, Sohn und Verlobte sind deswegen nach Tirana gereist, wo sie auf eine völlig gewandelte, konsumorientierte Gesellschaft treffen, die sie nicht wiedererkennen.

Paskaljevic zeigt das prägnant, aber elegant und alles andere als penetrant. Auch dort macht sich des patriotischen Verrats verdächtig, wer nicht ins chauvinistische Stammtischurteil einstimmt, sondern nur einen besonnenen Kommentar abgibt. Die Konstellation mag etwas gar didaktisch klingen, wirkt aber organisch entwickelt. Und ein lehrreicher Gehalt wär eigentlich noch kein Fehler, wenn man an griechische Tragödien denkt, die in manch einer Szene durchaus als Vergleich dienen dürfen, wenn beispielsweise die nur noch einsöhnige Mutter während einer dramatischen, ergreifenden Auseinandersetzung mit ihrem Mann um ihren letzten Sohn und ihre ehemalige Schwiegertochter in spe kämpft.

Paskaljevic, der das Drehbuch mit Genc Permeti schrieb, erweist sich wieder als meisterhafter SchauspielerInnenführer. Seine brillante Truppe zeigt, was niemand gern sieht: Nationalismus, Rassismus und Borniertheit. Das fährt ein, weil nicht Kusturicanischer Klamauk und Übertreibung ablenken.

16.06.2010

4

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Kommentare

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derris

vor 13 Jahren

Nur damit ich nicht missverstanden werde: Die Kritik galt nicht dem Film, sondern dem Verfasser des Beitrags auf dieser Seite zum Film.


derris

vor 13 Jahren

Irgendwie geht für mich die ganze Geschichte nicht ganz auf. Was hat die KFOR mit Bosnien zu tun. Und soviel ich weiss liegt Mitrovica im Kosovo.
Und wieso reist das eine Paar nach Tirana? Soviel ich verstanden habe, handelt es sich bei dieser Geschichte um ein serbisches (aus Bosnien?) und ein albanisches Paar (aus Albanien) und die Vorurteile zwischen zwei Paaren aus verschiedenen Ländern.Mehr anzeigen


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