In ihren Augen Argentinien, Spanien 2009 – 127min.

Filmkritik

Lebenslänglich

Filmkritik: Eduard Ulrich

Drei argentinische Staatsanwälte jagen einen bestialischen Sexualmörder: Juan José Campanellas in jeder Hinsicht gelungenes Werk reüssierte an den argentinischen Kinokassen und gewann den "Auslandsoscar".

Benjamín Espósito (Ricardo Darin) ist pensioniert, er ist allein und erinnert sich. Ein Fall geht dem ehemaligen Staatsanwalt nicht aus dem Kopf: Ein bestialischer Sexualmord an einer jungen Ehefrau. Also schreibt er die Geschichte auf. Da stritten sich die zuständigen Stellen um den Fall: keiner wollte ihn - soviel zur Arbeitsmoral der argentinischen Justiz. Da war sein Bürokollege, der sich nach der Arbeit sowieso, aber immer öfter auch tagsüber in seiner Lieblingsbar vollaufen ließ: verlorene Illusionen über die Wirksamkeit der Strafverfolgung oder eine zerüttete Ehe?

Da war die junge, attraktive Abteilungsleiterin (Soledad Villamil), die direkt nach ihrem Uni-Abschluss den beiden alten Hasen vor die Nase gesetzt wird und ihnen den Kopf verdreht. Da war der junge Ehemann der Ermordeten, der seinen Lebensinhalt verlor, sich an der Aufklärung beteiligt und doch in eine absurde Routine verfällt. Da gab es merkwürdige Entscheidungen der Vorgesetzen, Vorschriften und Gesetze, die gebrochen werden mussten, um in den Ermittlungen voranzukommen. Und schließlich liefen die Aktivitäten der drei verschworenen JustizdienerInnen aus dem Ruder, der Apparat und seine Gegenspieler zeigten sich von ihrer hässlichen Seite.

Juan José Campanella webt mit langen Rückblenden und imaginierten Varianten einen Schleier, den er Stück für Stück lüftet. Eine dichte Atmosphäre und ein kleines Ensemble mit sehr gut besetzten Rollen ziehen uns in die Ermittlungsarbeit hinein. Immer wieder sorgen Details für Querverbindungen, die zu denken geben. Einige phänomenale Bildideen und Kamerafahrten krönen die visuelle Qualität. Unaufdringlich aber unabweislich stellt der Film Fragen wie: Wer verpasst sein Leben? Was ist eine gerechte oder angemessene Strafe? Was darf die Justiz und was auf keinen Fall?

Die anrührende Verschränkung einer kurzen erfüllten mit einer lange unerfüllten Liebesgeschichte und eine tiefe Freundschaft, die auf die schwerste Probe gestellt wird, sorgen dafür, dass sie sich nicht auf der theoretischen Ebene totlaufen, sondern plastische Realität werden. Im Rennen um den "Auslandsoscar" verwies Campanella unter anderen Haneke und Audiard auf die Plätze, während er in Toronto und San Sebastián nicht in die Kränze kam.

18.02.2024

5

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Kommentare

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dulik

vor 4 Jahren

Dieses Liebesdrama erhielt 2010 den Oscar für den besten fremdsprachigen Film. Die Geschichte wird mit viel Spannung und tollen Darstellern erzählt. Clever platzierte Rückblenden lassen einem immer mehr in die Hintergründe der verschiedenen Charaktere eintauchen. Der Film hat jedoch auch einige Längen, da der Spannungsbogen nicht dauerhaft aufrechterhalten werden kann.
7/10Mehr anzeigen


gefuehlsmensch

vor 10 Jahren

Man merkt nicht, was passiert und das ist gut so.


Barbarum

vor 11 Jahren

Spannend mit gelungenen Darstellungen.


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