Kleine Tricks Polen 2007 – 95min.

Filmkritik

Schicksal spielen

Beatrice Minger
Filmkritik: Beatrice Minger

"Tricks" begleitet den kleinen Jungen Stefek auf seinen Streifzügen durch eine verschlafene polnische Kleinstadt. Vor lauter traumwandlerischen Streunen kommt dem Film von Andreij Jakimowksis beinahe die Geschichte abhanden.

Stefek beschäftigt vor allem eine Frage im Leben: Was braucht es, damit das Schicksal in die gewünschten Bahnen gelenkt werden kann? Oft hängt er zusammen mit seiner älteren Schwester Elka im Dorf herum und erfindet kleine Spielchen, um das Glück und das Schicksal herauszufordern. Am meisten Zeit verbringt er auf der kleinen Haltestation, die vielen Leuten als Umsteigebahnhof in die nahe Stadt dient. So auch einem mysteriösen Mann, der jeden Tag auf dem Weg zur Arbeit umsteigen muss und von Stefek mit viel Interesse beobachtet wird. Er ist überzeugt davon, dass dieser Mann sein Vater ist, der ihn, seine Schwester und die Mutter kurz nach Stefeks Geburt für eine andere Frau verlassen hat. Er heckt einen Plan aus, wie er die beiden Lebenswege des vermeintlichen Vaters und seiner Mutter wieder zusammenführen kann.

Andreij Jakimowksi ist ein Film, dessen Interesse in erster Linie der Situation und dem Befinden einer Figur gilt. Die Erzählung bietet mit vielen kleinen Episoden und verspielten Details einen lebendigen Eindruck von Stefeks traumwandlerischer Weltsicht in der Pampa Polens. Der Bahnhof mit den ankommenden und abfahrenden Zügen bildet dabei das zentrale Motiv der Erzählung. Unschwer lassen sich aus den Zeichen des Films Rückschlüsse auf das emotionale Innenleben Stefeks ziehen. Der Bahnhof ist nicht Ziel einer Reise sondern nur Zwischenstopp, das Gefühl der Entwurzelung und Heimatlosigkeit passt zu Stefeks vaterlosen (oder vielmehr elternlosen) Welt, denn auch die Mutter ist über weite Strecken des Films fast gänzlich abwesend.

Leider verpasst es Jakimowski diese fast schon stereotypen Metaphern weiter zu entwickeln und tiefer in das psychologische Universum Stefeks vorzudringen, was zur Folge hat, dass das Interesse an der Figur auf der Strecke bleibt. Sehr viel berührender ist da das Schauspiel der beiden Hauptfiguren Stefek und Elka. Die Jungschauspieler Damian Ul und Ewelina Walendziak entwickeln auf der Leinwand eine faszinierende Energie, die der dahinschwebenden Erzählung Raum und damit eine Seele geben. In der Folge ist es dann auch Stefek, der wieder mehr Pfeffer in die Geschichte bringt, indem er sein oder vielmehr das Schicksal seiner Eltern in die Hand nimmt. So hilft Stefek nicht nur seinem eigenen Schicksal nach, sondern gewissermassen auch jenem der Erzählung - und das ist wiederum ein spannendes Fingerspiel der Narration.

16.07.2009

3

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