Interview

Alfonso Cuarón: «Mein Wunsch war es, unsere Welt so zu zeigen, wie sie wirklich einmal sein könnte.»

Interview: Portmann Media

Warum es dem Regisseur wichtig war dem Zuschauer seine eigene Ideologie zu lassen.

Alfonso Cuarón: «Mein Wunsch war es, unsere Welt so zu zeigen, wie sie wirklich einmal sein könnte.»

Q: Alfonso, es ist mir ein Vergnügen, Sie zu sehen. Wir sind hier in Venedig, um über Ihren Film «Children Of Men» zu sprechen. Weswegen machen Sie solche Filme?A: Mein Wunsch war es, unsere Welt so zu zeigen, wie sie wirklich einmal sein könnte. Ich wollte nicht einen Film der Zukunft machen, sondern einen, der auf der Gegenwart beruht. Die Zukunft ist zwar etwas, dem wir wegen der Story folgen müssen, aber thematisch und visuell haben wir uns an die Gegenwart gehalten.Q: Ja, absolut. Ihre Hinweise haben Sie sich von echten Bildern und Kulturen überall auf der Welt geholt. Bei der Umsetzung dieser Eindrücke haben Sie sich extrem auf die Details konzentriert. Wie schwierig ist es, sich in jede dieser Kulturen hineinzuversetzen?A: Das ist es, was ich am Prozess des Filmemachens so liebe. Den Teil, den ich wohl am meisten liebe, ist der Punkt beim Recherchieren, wo man alle Konzepte vereint. In den letzten paar Filmen, insbesondere «Y tu mamá también» und «Children Of Men», war das auch so. Alles ist sehr ausgereift und die Charaktere sind einfach in die Umwelt integriert. Diese muss dann aber sehr detailliert sein. Es war eine sehr interessante Arbeit, all diese kleinen Details zusammenzubringen und uns war es auch sehr wichtig, dass diese von realen Quellen kommen. Wir haben nicht einfach etwas genommen, das möglichst cool wirken sollte. Wir haben ein ganzes Gebilde kreiert. Einige kamen mit sogenannten «Superdesigns» bei mir an und ich sagte nur, «Nein, zeig mir ein Foto und ich sage dir, was zu tun ist». Ich bekam dann zur Antwort, «dafür gibt es kein Foto, das ist die Zukunft». Ich sagte dann, «nein, nein, ich will etwas, das die Leute aus der heutigen Zeit kennen, damit arbeiten wir dann weiter».Q: Sie haben eine komplett neue Welt erfunden. Sie ist sehr interessant, weil sie aus Aspekten der Zukunft und solchen der Gegenwart besteht. Die Welt im Film ist eine Mischung aus Vergangenheit, Zukunft und Gegenwart, nicht wahr?A: Nun, es wurden Elemente verwendet, welche die ersten paar Jahre des 21. Jahrhunderts geprägt haben. Wie zum Beispiel Technologie, Immigration und Terrorismus. Das alles haben wir in einen Mikrokosmos – in diesem Fall Grossbritannien – gebracht.Q: Wie gross waren Ihre Bedenken, dass Ihr Film bei keiner Partei berücksichtigt wird?A: Meinen Sie politisch?Q: Ja.A: Nun, ich fühle mich in dieser Angelegenheit Alejandro González Iñárritu und Guillermo del Toro sehr verbunden. Wir sind drei Freunde und haben drei Filme wie eine Trilogie gemacht. In Sinne von «Wie setzt sich eine Ideologie bei der Kommunikation von Menschen durch»... Sorry, jetzt habe ich mich verzettelt. Q: Die Thematik und die Botschaft in Ihrem brisanten Filmthema, über die Sie sich Sorgen machen...A: Ach ja, deswegen habe ich darauf geachtet, dass der Film nicht zu ideologisch wird und ich nicht meine eigene Ideologie überall mit einfliessen lasse. Aber sehen Sie, jede Person ist eine politische Person. Ich wollte den Film nicht auf didaktische Weise machen. Gleichzeitig sollte er auch nicht religiös werden. Klar gibt es viele Archetypen, die man als religiös ansehen könnte. Ich sehe sie einfach als spirituelle oder als normale Archetypen. Wenn man aber religiös ist, kann man durchaus behaupten, dass es religiöse Archetypen sind. Interessant ist; ich wollte einen Film machen, der beginnt, wenn die Lichter wieder angehen, nicht wenn sie ausgehen. Ich möchte, dass die Leute ihren eigenen Sinn in verschiedenen Teilen des Films finden können. Hoffnungsvolle Leute haben ihn als hoffnungsvollen Film angesehen und religiöse Leute als religiösen. Jemand kam auch zu mir und fragte, ob der Film gegen Immigranten sei, weil er selbst Angst vor Immigranten hat. Ich sagte ihm dann: «Das ist nicht der Film, das bist du». Jeder projiziert seine eigenen Gedanken in den Film und das ist es, was ich versucht habe zu erreichen.

13. November 2006

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