X-Men USA 2000 – 104min.

Filmkritik

Superhelden wider Willen

Filmkritik: Natalie Rüfenacht

Mit "X-Men" hat Bryan Singer ("The Usual Suspects", "Apt Pupil") die Verfilmung der seit den Sechzigerjahren Kultstatus geniessenden, gleichnamigen Serie von Marvel-Comics, realisiert. X-Men sind Menschen auf einer neuen Evolutionsstufe, die mit übernatürlichen Fähigkeiten gesegnet sind. Doch der Rest der Menschheit empfindet ihre weiterentwickelten Artgenossen als Bedrohung und zwingt sie an den Rand der Gesellschaft. Die vielversprechende Story und die hochkarätige Besetzung mit brillanten Schauspielern wie Patrick Stewart und Anna Paquin weckten im Vorfeld hohe Erwartungen. Das Resultat ist jedoch ziemlich enttäuschend.

Singers Leinwandadaption hat in den USA eine wahre X-Men-Welle ausgelöst. Bereits vor dem Filmstart wurden die Comics neu aufgelegt, die Zeichentrick-Serie im Fernsehen wiederholt und ein gleichnamiges Ballerspiel auf den Markt gebracht. Ein Aufwand, der sich bezahlt gemacht hat. Das US-Publikum ist begeistert, alleine am Eröffnungswochenende spielte X-Men über 57 Millionen Dollar ein.

Doch wer bisher von der X-Men-Welle verschont geblieben ist, mag etwas Mühe haben, diese Begeisterung nachzuvollziehen. Trotz eines beeindruckenden Staraufgebots lässt der Film zumindest Nicht-Kenner der Comics ziemlich kalt. Dabei bietet die Story vielversprechende Ideen. Wie zum Beispiel die Tragik im Leben der genetischen Mutanten. Als Superhelden wider Willen müssen sie nicht nur vor intoleranten Menschen auf der Hut sein, sondern auch mit den Schattenseiten ihrer übernatürlichen Fähigkeiten fertig werden. So die junge Rogue (Oscar-Preisträgerin Anna Paquin, "The Piano"), die durch blosse Berührung die Kräfte und die Erinnerungen anderer Menschen absorbiert und durch diese übernatürliche Fähigkeit auf ewig dazu verdammt ist, zwischenmenschliche Nähe zu meiden. Im Mutanten Wolverine (Hugh Jackman), der gedächtnislos und traumatisiert als Preiskämpfer herumzieht, findet Rogue einen Gefährten. Und mit dem mächtigen Telepathen Professor Charles Xavier (Patrick Stewart, Piccard aus "Star Trek - Next Generation") einen Mentor, der die X-Men lehrt, mit ihren Kräften umzugehen. Doch während Xavier darum besorgt ist, Toleranz zwischen Menschen und Andersartigen zu schaffen, entwickelt der nicht minder mächtige Bösewicht Magneto (Ian McKellen, "Apt Pupil", "Gods And Monsters") den Plan, alle Menschen in Mutanten zu verwandeln.

Eine erfolgreiche Comic-Serie adäquat für die grosse Leinwand umzusetzen, gehört wohl zum Schwierigsten, was sich ein Regisseur zumuten kann. Denn es gilt nicht nur, die Fans des Originals zu überzeugen. Auch wer die Vorlage nicht kennt, muss sich im Film zurechtfinden können. Am besten ist das wohl bisher Tim Burton mit seinen zwei Batman-Filmen gelungen. In "Batman Forever" und "Batman Returns" hat er eine ganze Comic-Welt auf einige wenige Figuren reduziert. Diese Charaktere waren jedoch derart präzise gezeichnet und atmosphärisch in Szene gesetzt, dass jeder der beiden Filme in sich geschlossen ein auch für Uneingeweihte überzeugendes Teil-Universum bildet.

Als Kernaussage in "X-Men" steht das Bedürfnis der Menschen nach Toleranz und Akzeptanz in der Gesellschaft. Doch statt näher auf das Dilemma der einzelnen Figuren einzugehen, verliert sich Bryan Singer im Laufe der Geschichte immer mehr in der Vielzahl an Superhelden aus der Comic-Vorlage und in den Möglichkeiten, die diese für Specialeffects bieten. Zeit, die Charaktere zu entwickeln, bleibt ihm dabei keine mehr. Die flüchtig eingeworfenen Andeutungen über deren Beweggründe und Vergangenheit verwirren mehr als sie aufklären. Und so ist es schliesslich ziemlich egal, wer bei der finalen Schlacht draufgeht und wer nicht. Schade ist nur, dass hier auch das Talent von hervorragenden Schauspielern verfeuert wird. Schauspieler, die man gerne wieder mal in einem guten Film sehen würde.

19.02.2021

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Kommentare

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Mikelking

vor 10 Jahren

Ich bin eigentlich Fan von Comic Verfilmungen. Filme wie zum Beispiel Batman und Sin City finde ich genial umgesetzt. Von X Men bin ich allerdings schwer enttäuscht worden. Mal sehen, ob die Fortsetzungen besser geworden sind...


mamama

vor 17 Jahren

Sicher noch cool, kenne den comic nicht.


Gelöschter Nutzer

vor 17 Jahren


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