Das Geisterschloss USA 1999 – 112min.

Filmkritik

Die Geister, die ich rief

Bruno Amstutz
Filmkritik: Bruno Amstutz

Regisseur Jan de Bont (Speed, Twister) versucht sich nach bombenbeladenen Bussen und wildgewordenen Wirbelstürmen an einem gruseligen Geisterfilm. Begeistern kann The Haunting die Liebhaber von pompösen Spezialeffekten, aber nicht Freunde des subtilen Horrors.

Wie reagiert der Mensch, wenn er Angst hat? Diese Frage beschäftigt den Psychiater Dr. David Marrow (Liam Neeson). Neeson, der im neusten Star Wars-Streifen als langhaariger Jedi-Ritter Qui-Gon Jinn den Heldentod sterben durfte, aufersteht in The Haunting als ehrgeiziger Wissenschaftler. Seine Studien führt er am liebsten am lebenden Objekt durch, in einer isolierten Umgebung. Aus diesem Grund lädt Marrow drei Freiwillige in den Landsitz "Hill House" ein: Nell (Lili Taylor), Theo (Catherine Zeta-Jones) und Luke (Owen Wilson). Alle drei glauben, an einer Studie über Schlafstörungen teilzunehmen. In Wirklichkeit aber interessiert sich Dr. Marrow für Gruppenangst und Hysterie. Um diese zu erzeugen, pflanzt er Andeutungen und Geschichten über den verstorbenen Hausherrn in die Ohren seiner Versuchskaninchen: Hugh Craines, ein Grossindustrieller aus dem 19. Jahrhundert, baute Hill House für seine Frau und die Kinder, die er sich wünschte. Diese kamen aber alle tot zur Welt, was Craines den Verstand raubte. Nach seinem Tod jedoch hörten die Dorfbewohner Kinderstimmen aus dem verlassenen Haus, und bald ging das Gerücht um, dass Geister auf dem Anwesen ihr Unwesen treiben.

Natürlich ist an den Geschichten mehr wahr, als Dr. Marrow lieb ist, denn schon bald häufen sich unerklärliche Ereignisse, und die Gruppenhysterie entsteht ohne viel psychiatrische Beihilfe. Die Geister spielen zuerst das traditionelle Repertoire aus: Sie blasen Kerzenflammen aus, versetzen weisse Vorhänge in Wallung und senken die Zimmertemperatur, bis der Atem kondensiert. Dank digitaler Tricktechnik haben die Geister der neunziger Jahre aber noch ganz anderes auf Lager: Sie verstecken sich mit Vorliebe in Statuen und erwecken diese zum Leben, verbiegen ganze Zimmer und verwandeln Türen in riesige Hände. Genau hier liegt aber auch das Problem von The Haunting: Bei allem guten Willen schafft es der Film nicht, gruselig zu werden. Weniger Effekte wäre mehr. Während Geister ja eigentlich unsichtbar und unfassbar sind, gebärden sich Jan de Bonts lebende Statuen wie ein Haufen Disney-Figuren. Der böse Geist von Hugh Craines schreit und stampft und richtet beträchtlichen Schaden an seinem eigenen Haus an, scheint aber niemandem wirklich Angst einzuflössen. Sogar die furchtsame Nell freut sich, dass endlich ein Abenteuer ihr langweiliges Leben auffrischt.

Selbst die für jeden Horror-Fan zentrale Frage �wer stirbt als erster?� bleibt sehr lange unbeantwortet. De Bont versuchte, einen familientauglichen Gruselfilm zu kreieren und opferte dafür fast jeden Tropfen Blut. Als Entschädigung wird das Haus stimmungsvoll in Szene gesetzt und funktioniert als fünfter Hauptdarsteller. Der mit dem Academy Award ausgezeichnete Ausstatter Eugenio Zanetti erschaffte monumentale Treppenhäuser, endlose Korridore, gigantische Eingangshallen und einen drehbaren Spiegelsaal. Zusammengesetzt aus gotischen, barocken und orientalischen Elementen, bietet die Innenarchitektur ein Fest fürs Auge und spart nicht mit Details.

In den Schreibtischen Hollywoods scheinen noch einige verstaubte Drehbücher herumzugeistern.The Haunting ist ein Remake des gleichnamigen Films von 1963, welcher auf dem Roman The Haunting of Hill House von Shirley Jackson basiert. Unter diesem Arbeitstitel war auch De Bont�s Film vor der Veröffentlichung bekannt. Der Name wurde dann aber auf The Haunting verkürzt, weil das nächste Spukhaus nicht lange auf sich warten lässt: Im Zuge von Hollywoods Doppelpack-Strategie erscheint im Frühling 2000 The House on Haunted Hill, ein Remake des Klassikers von 1958. Zudem haben sich in den USA mit The Sixth Sense, Stigmata und Stir of Echoes gleich drei Filme über das Übersinnliche Spitzenplätze in den Kino-Charts gesichert und warten auf ihre Europapremieren. Es kommen also einige geistreiche Monate auf uns zu.

25.05.2021

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Kommentare

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movie world filip

vor 12 Jahren

coole, etwas kitchige charmante horror mit stars


poppi12

vor 21 Jahren

Es ist ein sehr spannender Film.


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