Interview

Jennifer Lawrence: «Wir lieben Euch, aber wir wollen nicht, dass Ihr zu uns nach Hause kommt.»

Adrian Nicca
Interview: Adrian Nicca

Jennifer Lawrence, Liam Hemsworth, Josh Hutcherson, Woody Harrelson, der Regisseur Francis Lawrence und die Produzentin Nina Jacobson über den Abschluss der Hunger Games-Saga.

Jennifer Lawrence: «Wir lieben Euch, aber wir wollen nicht, dass Ihr zu uns nach Hause kommt.»

Wie ist es nach diesen vier Filmen offiziell mit der Hunger Games-Saga fertig zu sein?

Liam Hemsworth: Es ist super. Wir sind alle sehr zufrieden mit dem Film und damit, ein Teil dieser fantastischen Filmreihe und grossartigen Geschichte gewesen zu sein. Wir wurden gute Freunde. Es ist wirklich sehr toll Teil von etwas so Wichtigem zu sein.

Josh Hutcherson: Es ist auch ein wenig traurig, da wir nun keinen weiteren Film zusammen drehen werden.

Jennifer Lawrence: Oh... Du verkündest tatsächlich deinen Rücktritt?

Josh Hutcherson: Von hier schon. Klar, wir werden uns wiedersehen, ja. Aber zusammen bei einem Filmdreh zu sein, ist schon sehr intensiv.

Jennifer Lawrence: Der letzte Drehtag war wirklich traurig, da ich die Filme enorm liebgewonnen habe. Und als ich den Film ein Jahr später gesehen habe, bin ich der Meinung, dass es sich wirklich um den perfekten Abschluss handelt. Ein perfektes Ende für Katniss‘ Reise. Ich verspüre jetzt ein Gefühl der Erfüllung und ertrage es fast nicht, den Film jetzt mit der Öffentlichkeit teilen zu müssen.

Woody Harrelson: Ich liebe diese Leute. Es gibt so viele Leute, die ihre Arbeit hassen, aber diese hier lieben was sie machen, deshalb war es wirklich klasse. Und vielleicht arbeiten wir ja wieder einmal miteinander, ich denke Suzanne wird sicher noch einen oder zwei Teile schreiben, nicht?

Glaubt Ihr, Ihr seid mit euren Figuren gewachsen und dass ihre Reise in gewisser Weise auch die Eure war?

Jennifer Lawrence: Es ist falsch zu sagen, dass ich mich mit Katniss identifiziere: Sie ist eine Kriegerin, die die Welt verändert und ich bin eine Schauspielerin. Aber aus persönlicher Sicht, haben sich für mich im Verlauf der letzten paar Jahren viele Dinge verändert, vor allem zum Positiven. Diese Veränderungen haben bei mir ein Gefühl von Frustration und Angst ausgelöst. Ich musste den Frieden finden und akzeptieren, dass ich gewisse Elemente in meinem Leben nicht vollständig kontrollieren kann. Ich habe diese Entwicklung gespürt beim Dreh der ersten Episode von „Hunger Games“, als Katniss verstanden und akzeptiert hat, dass sie ihr Schicksal auch nicht komplett kontrollieren kann.

Josh Hutcherson: Ich würde nicht behaupten, dass mir mein Charakter in den letzten fünf Jahren etwas gelehrt hat, aber ich bin definitiv mit ihm gewachsen. Alles hat uns sehr schnell mitgerissen, und wenn ich etwas aus Peetas Lebensweg gelernt habe, dann der Wille, kein Instrument im Dienste anderer zu sein und klare Überzeugungen zu haben.

Liam Hemsworth: Ich fühle mich Gale sehr nah, da er verteidigt woran er glaubt. Seine Motivation ist es vor allem, Katniss zu beschützen und zu begleiten und ich denke ich kann das verstehen. Ich denke auch, dass ich in den letzten Jahren gelernt habe, dass es in dieser Industrie Hochs und Tiefs gibt und man einfach weiter machen muss. Das Umfeld ändert sich, auch deine Freunde, und man muss sich anpassen.

Woody Harrelson: Haymitch ist zu Beginn verzweifelt und räumt Katniss null Chancen ein. Dennoch bindet er sich an sie und findet so seine Hoffnung wieder. Langweile ich sie damit? Entschuldigung...

Was war die schwierigste Szene im Film?

Jennifer Lawrence: Physisch waren es die Abwasserkanäle. Für alle. Nass zu sein, 12 Stunden am Tag während 3 Wochen, ohne jemals richtig aufrecht gehen zu können, das war hart. Emotional fordernd war es, zu wissen wie es um Katniss nach dem Ende der zweiten Spiele stand. Francis und ich waren uns einig, dass sie zu diesem Zeitpunkt wie gelähmt war. Das war eine der wichtigsten Tatsachen, die ich während der Dreharbeiten im Kopf hatte.

Francis Lawrence: Aus der Sicht der Logistik waren die undurchschaubaren Kanäle sehr schwierig. Mit Josh war auch die Frage zu klären, wo Peeta nach der Folter stand. Festzulegen wie seine Persönlichkeit nach und nach zurückkommen sollte und herauszufinden wie sich das Umsetzen liess, da wir nicht chronologisch drehten, war eine grosse Herausforderung.

Jennifer, nach all diesen Blockbustern (Hunger Games, X-Men), was ist von der Schauspielerin aus Winter's Bone geblieben?

Jennifer Lawrence: Alles, hoffe ich! Ich habe nicht den Eindruck, etwas verloren zu haben. Ich habe diese Blockbuster aus dem gleichen Grund gedreht, wie „Winter’s Bone“: die Geschichte, die Charaktere. Daher ist noch alles da und eher noch mehr dazugekommen.

Denken Sie, dass die Hunger Games Ihnen bei weiteren Action-Filmen mit starken Heldinnen helfen werden, besonders, da Sie sich zu einer Figur des modernen Feminismus Hollywoods entwickelt haben?

Jennifer Lawrence: Noch einmal, ich bin nicht die Erste. Sigourney Weaver in Alien war die erste Heldin, die in einem Film die Hauptrolle spielte, der ein Erfolg war bei den Kritikern und dem Publikum. Aber ja... ich hoffe... (Stille).

Wenn Ihr Euch entscheiden müsstet: Welche Erinnerung würdet ihr von der gesamten Saga behalten wollen?

Josh Hutcherson: Ich glaube, wir denken alle an die gleiche Erinnerung, nicht?

Jennifer Lawrence: Ja. Ich kann deine Gedanken lesen.

Josh Hutcherson: Eines Abends, bei Jennifer, ich glaube während den Dreharbeiten des zweiten Teils, improvisierten wir eine Party. Nach und nach kam das ganze Team. Francis kam zum ersten Mal an eine Party. Das war die beste Party der Welt.

Francis Lawrence: Ich würde auch sagen, dass das meine liebste Erinnerung ist. Es war die erste Drehwoche und ich war sichtlich gestresst. Es war ihre Art und Weise mich zu akzeptieren. Das war genial.

Hattet ihr wiederholt befremdende Momente mit den Fans der Hunger Games?

Liam Hemsworth: Es gab definitiv einige Zwischenfälle. Ich war kürzlich in der Schweiz am Zurich Film Festival, es hatte viele junge Mädchen beim roten Teppich. Da war auch eine 80-jährige Frau, wahrscheinlich eine meiner leidenschaftlichsten Fans; sie schrie und wollte ein Foto. Sie kniff mich dabei ziemlich fest. Ich wurde noch nie so fest gekniffen!

Josh Hutcherson: Als ich bei meinen Eltern in den Ferien war, klingelte es während dem Abendessen an der Tür. Davor standen zwei etwa 12-jährige Mädchen, mit Peeta-Kostüm und ihrer Mutter. Ich sah mich also mit zwei weinenden Mädchen konfrontiert, vor meiner Haustür. Ich verstehe, dass Kinder so sind, aber wenn man Eltern sieht, Erwachsene, die ihnen helfen, sie mit dem Auto hinfahren und somit das Ganze unterstützen... Aber gut, ansonsten sind Fans genial!

Jennifer Lawrence: Wir lieben Euch so sehr... aber wir wollen nicht, dass Ihr gleich zu uns nach Hause kommt.

Wann war das letzte Mal, als Ihr wie eure Charaktere gegen etwas revoltiert habt?

Josh Hutcherson: Bei den Wahlen in Amerika momentan.

Jennifer Lawrence: Haben sie auch schon einen Typen wie Donald Trump gehabt, der Präsident werden will?

Glauben Sie, dass die Hunger Games als Prequel zurückkommen könnten? Wie Fantastic Beasts and Where to Find Them, dem Prequel von Harry Potter, das zurzeit gedreht wird?

Nina Jacobson: Falls Suzanne Collins überhaupt beschliesst in diese Welt zurück zu kehren, würde ich mich geehrt fühlen das Drehbuch zu adaptieren. Aber ich denke nicht, dass das passieren wird, denn sie ist sehr zufrieden mit der Erfahrung und stolz auf die Filme. Aber wer weiss...

12. November 2015

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