Kritik21. September 2023

Fantasy Filmfest 2023: «Tiger Stripes»: An der Freiheit festgekrallt

Fantasy Filmfest 2023: «Tiger Stripes»: An der Freiheit festgekrallt
© Fantasy Filmfest / Weydemann Bros

«Tiger Stripes» fährt die Krallen aus und kratzt heftig an gesellschaftlichen Normen. Der Film erzählt die mystische Geschichte eines Kampfes um Freiheit und körperliche Selbstbestimmung, der die junge Protagonistin Zaffan zu einer unheimlichen Verwandlung zwingt.

«Tiger Stripes»: An der Freiheit festgekrallt

Amanda Nell Eu | 95 min.

Zaffan ist ein echter Wildfang. Bei jeder Gelegenheit streift sie ihr Kopftuch und die einengende, lange Kleidung ab und streift mit ihren Freundinnen durch den malaysischen Dschungel. Doch als sie als erstes Mädchen in ihrem Jahrgang ihre Periode bekommt, wird sie von den anderen ausgegrenzt. Bald setzen weitere körperliche Veränderungen ein, die ihr Umfeld weitaus mehr schockieren werden.

«Tiger Stripes» ist der erste Spielfilm der malaysischen Regisseurin und Drehbuchautorin Amanda Nell Eu. Der Film feierte bei den Filmfestspielen in Cannes Premiere und wurde dort mit dem Critics’ Week Grand Prize ausgezeichnet. Auch am Neuchâtel International Fantastic Film Festival (NIFFF) erhielt der Film eine Auszeichnung als Best Feature Film. Ob «Tiger Stripes» in seinem Heimatland Malaysia überhaupt einen Kinostart erhalten wird, hängt von den dortigen Zensoren ab.

Die Unerschrockenheit und Offenheit der Darstellung weiblicher Selbstbestimmung, Körperlichkeit und Menstruation ist auf jeden Fall auch auf europäischen Leinwänden eine Seltenheit. «Tiger Stripes» erzählt, verpackt in eine mystische Erzählung einer unheimlichen Verwandlung, eine Geschichte vom Erwachsenwerden, der Ablösung von den Eltern und der Befreiung von gesellschaftlichen Normen.

Dabei bietet «Tiger Stripes» einen ungewohnten Einblick in die malaysische Kultur, der spannend und bereichernd ist. Im Zentrum, und mit vielen Close-Ups in Szene gesetzt, steht die widerspenstige Zaffan, die von der jungen Darstellerin Zafreen Zairizal mit grosser Wucht dargestellt wird.

Die heimliche Hauptrolle des Films übernimmt aber der Dschungel. Er wird sowohl als Sehnsuchtsort, aber auch als unheimliche fremde Welt inszeniert, deren scheinbare Geborgenheit sich jederzeit als Falle entpuppen kann. Das hervorragende Sound Design in «Tiger Stripes» lässt das Publikum in diese faszinierende Welt eintauchen, die eine magische Atmosphäre aufbaut, die anzieht, aber auch abstösst.

Insgesamt braucht «Tiger Stripes» etwas zu lange, um richtig Fahrt aufzunehmen. Die Verwandlung von Zaffan ist verstörend und unangenehm, bleibt aber lange Zeit unentdeckt und ohne wirkliche Konsequenzen. Als sie endlich zum Befreiungsschlag ausholt, ist das zwar eindrucksvoll, aber wird, vor allem im Verhältnis zum langen Leidensweg zuvor, zu wenig ausgekostet.

3 von 5 ★

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