Ein Sack voll Murmeln Kanada, Tschechische Republik, Frankreich 2017 – 110min.

Filmkritik

Eine ganze Menge Hoffnung

Irina Blum
Filmkritik: Irina Blum

Es muss eine unerträgliche Situation sein: Im eigenen Land auf der Flucht zu sein und um sein Leben fürchten zu müssen. Genauso ist es während dem zweiten Weltkrieg etwa 300'000 Juden in Frankreich ergangen – unter ihnen auch Joseph Joffo, der seine Erlebnisse 1973 in Romanform auf Papier verewigt hat. Darin verarbeitet er seine Erlebnisse während dem zweiten Weltkrieg: Als zehnjähriger Junge machte er sich alleine mit seinem älteren Bruder Maurice auf die gefährliche Reise von Paris nach Südfrankreich – mit viel Einfallsreichtum, Improvisation und Phantasie.



Absolut geeignetes Material, um es auf die Kinoleinwand zu bringen fand wohl Regisseur Christian Duguay - und setzte das Projekt nun 44 Jahre später in Tat um. Herausgekommen ist ein teils berührender Familienfilm mit Herz, der nebst traurigen Momenten auch viele aufheiternde Szenen enthält – auch die schwierigsten und belastendsten Situationen lassen sich wohl nur oder gerade mit Humor ertragen. Schade nur, dass Duguay zusätzlich auch die Elemente eines Kriegsdramas für nötig hielt. Klar, der Krieg war brutal und eine Verharmlosung der Bilder würde den Ereignissen von damals nicht Rechnung tragen. Mit dieser Genremischung tut sich der Film aber keinen Gefallen, weil er damit weder die Erwartungshaltung an ein Kriegsdrama noch an einen Familienfilm erfüllen kann.



Nichtsdestotrotz ist Ein Sack voll Murmeln wohl gerade für Familien mit schon etwas älteren Kindern geeignet: Der Krieg aus Sicht eines beinahe-Teenagers auf der Flucht im eigenen Land bewegt und zeigt für einmal eine andere Sichtweise auf den Krieg und den Holocaust auf. Wo zunächst zum Beispiel humoristische Elemente völlig fehl am Platz wirken, wird einem plötzlich bewusst: Wenn man fast fünf Jahre lang unter den dramatischsten Umständen lebt, kann Humor nicht völlig fernbleiben – und auch die Hoffnung geht so nie unter. Auch das sehr starke Darstellerensemble (z.B. Patrick Bruel, Elsa Zylberstein oder Christian Clavier und allen voran der Jungdarsteller Dorian Le Clech) sorgt dafür, den Genremix etwas auszugleichen und den mit wunderschönen Aufnahmen vom von Deutschland besetzten Frankreich ausgestatteten Film dank einer authentischen und natürlichen Darstellung nicht zu sehr ins Kitschige abschweifen zu lassen. Schlussendlich profitiert Ein Sack voll Murmeln auch von seiner Botschaft: Mit dem Gedanken «Die Hoffnung und der Humor sterben zuletzt» entlässt er den Zuschauer positiv-nachdenklich aus dem Kinosaal.

16.08.2017

3

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Kommentare

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Patrick

vor 6 Jahren

Eintrüglich gespieltes Familien/Kriegsdrama,aber aus dem Stoff hätte man auch als Serie ausbauen können die wäre dem Buch oder Geschichte Zeitspanne noch gerechter geworden.Das Filmende geht ans Herz in diesem Sinne Taschentuch bereit halten aber man verlässt den Film auch nicht Hoffnungslos sondern Hoffnungdvoll.Mehr anzeigen


gimir

vor 6 Jahren

Schön inszenierte und fesselnde Geschichte zweier jüdischer Jungen, die sich bis in den Süden von Frankreichs Vichy-Regime durchschlagen.


as1960

vor 6 Jahren

Die Flucht zweier Jungs im Nazibesetzten Frankreich wird in "Un Sac De Billes" berührend und emotional erzählt. Werte wie Familienzusammenhalt, Freundschaft und Vetrauen werden still und doch eindringlich thematisiert. Manchmal leichte Tendenz ins Kitschige, aber ein wunderbarer Film.


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