Bauer unser Österreich 2016 – 92min.

Filmkritik

Unser tägliches Brot produzier' uns heute

Irina Blum
Filmkritik: Irina Blum

Wie viel kostet ein Liter Milch? Woher kommt die Nahrung, die die Kuh gefressen hat? Kann ein Bauer noch von seiner Arbeit leben? Wie funktioniert eigentlich ein moderner Landwirtschaftsbetrieb? Und mit welchen Problemen hat die europäische Landwirtschaft zu kämpfen? All das sind Fragen, die Robert Schabus in seiner Dokumentation aufwirft und zu beantworten versucht. Schabus versteht es gekonnt, mittels Statements von Betroffenen und treffenden Bildern kommentarlos eine mögliche Antwort auf die Ratlosigkeit in der Nahrungsmittelproduktion zu geben.

«Der effizienteste Weg der Produktion von Esswaren im Sinne von möglichst vielen Kalorien und einer ausgewogenen Nährstoffzufuhr ist der klassische Gartenanbau – kein Grossbetrieb kann da in punkto Produktivität mithalten.» Das ist nur eine Feststellung in Bauer Unser, die wahrscheinlich für die meisten Menschen eine neue Erkenntnis ist. Und genau solche Aha-Erlebnisse gibt es viele in der rund 90-minütigen Dokumentation: Die Macher von We feed the World und More than Honey verstehen es gekonnt, kommentarlos eine mögliche Antwort auf die aufkommende Ratlosigkeit in der europäischen Landwirtschaft zu geben. Diese hat mit der zunehmenden Konkurrenz und dem Druck nach immer mehr Effizienz und Wachstum zu kämpfen: Es kommt zu Bauernhofsterben, Überschussproduktionen und ansteigenden Suizidraten im immer noch meist ausgeübtesten Beruf weltweit.

Statt jedoch Fakten, Zahlen und Erklärungen zu diesen Problemen selbst zu liefern, porträtiert Regisseur Robert Schabus betroffene Personen: Bauern, Politiker oder Lebensmittelhändler, vornehmlich aus Österreich. Unterlegt werden die Statements der Fachleute von unkommentierten Bildern – vollgestopften Hühnerställen, der monotonen Arbeit in der Schlachtfabrik oder der riesigen Milchauswahl im Gestell der Grossverteiler. Wer eine klassische Doku im Sinne von einer einordnenden Informationssendung erwartet, wird von Bauer Unser wohl enttäuscht werden – die Denkleistung ist bei diesem Film nämlich auch beim Zuschauer erforderlich. Hat man sich aber einmal auf das Thema eingelassen, schafft es Bauer Unser, einen Denkanstoss auszulösen – und die eigenen Einkaufs- und Essgewohnheiten zu überdenken. Obwohl die Situation unserer Nachbarn wohl nicht 1:1 auf die Lage der Landwirtschaft in der Schweiz übertragbar ist, macht Bauer Unser Lust, sich wieder mehr mit Esswaren, ihrem Wert und ihrer Herkunft auseinanderzusetzen – und dann vielleicht sogar wieder so einkaufen zu gehen, wie es unsere Grosseltern noch getan haben: Auf dem Wochenmarkt nämlich.

04.03.2024

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