Artikel31. Januar 2018

«The Disaster Artist»: Ein absurdes Vergnügen

«The Disaster Artist»: Ein absurdes Vergnügen
© Warner Bros.

«The Room» gilt als einer der schlechtesten Filme aller Zeiten. Doch statt in der Versenkung zu verschwinden, erreichte der Film von und mit Tommy Wiseau Kultstatus. Nun hat James Franco mit «The Disaster Artist» dem absurden Werk ein Denkmal geschaffen.

Aus Trash wird Kult

Wer sich Plastiklöffel kauft, um sie nachher durch den Kinosaal zu schleudern, ist wohl nicht im Vollbesitz seiner geistigen Kräfte – es sei denn, die Person besucht gerade eine der legendären Mitternachtsvorstellungen von The Room, die Filmfreaks aus aller Welt in die Kinosäle locken – auch in der Schweiz. Spontane Performances, fliegende Löffel und Zuschauer, die bei den Dialogen lauthals mitgrölen, machen den Kinobesuch zum interaktiven Erlebnis – als Krönung erscheint mit Tommy Wiseau manchmal sogar der Regisseur, Produzent und Star des Trash-Klassikers höchstpersönlich.

Er, der so viel Geld in die Hand genommen hat, um seine Vision eines Hollywood-Dramas zu verwirklichen, das sich um die grossen Themen wie Liebe und Freundschaft dreht. Dass schlussendlich eine absurde Komödie mit fragwürdigem Plot, aufgesetzten Dialogen und zum Teil Nonsens-artigen Szenen daraus geworden ist, steigert den Unterhaltungswert für das Publikum nur noch mehr. Dabei liefert «The Room» durchaus Stoff für ein Drama à la Werther: Johnny, gespielt von Wiseau, wird darin von seiner Verlobten Lisa betrogen; und zwar mit niemand Geringerem als seinem besten Freund Mark. Verraten und im Stich gelassen, treibt ihn die unerwiderte Liebe schliesslich in den Suizid.

Mysterium als Mensch, Desaster als Schauspieler

Doch wer ist dieser Tommy Wiseau, der mit seinen langen schwarzen Haaren und seinem vernarbten Gesicht an eine Mischung aus Graf Dracula und Mickey Rourke erinnert? Niemand weiss es so genau, und auch der Exzentriker selbst hält sich bedeckt, was seine Herkunft und sein Alter angeht. Zudem bleibt sein Geheimnis, wo er die stolzen 6 Millionen Dollar Budget für sein krudes Werk herhat.

Kein Geheimnis ist hingegen seine schauspielerische Leistung, die – gelinde gesagt – eher bescheiden ausfällt. Mit seinem osteuropäisch anmutenden Dialekt schafft er es wie kein Zweiter, an der richtigen Betonung der Wörter vorbeizureden und sorgt so für unfreiwillig komische Momente. Seine debilen Lacher wirken oft deplatziert und bei Tommys Sexszene ist das Schamgefühl beim Zuschauen etwa ähnlich gross wie bei einem Teenager, der in Anwesenheit seiner Eltern eine Liebesszene im Fernsehen mitverfolgen muss. Solche und viele andere unergründliche Szenen hält das Absurditäten-Kabinett «The Room» für den Zuschauer bereit.

Die Kunst des schlechten Schauspielens

Nun hat James Franco in The Disaster Artist die Entstehungsgeschichte des Kultstreifens verfilmt und übernimmt dabei gleich selbst die Hauptrolle. Entstanden ist eine Hommage an Tommy Wiseau, der stets seine Vision vor Augen hatte, sich falsch verstanden fühlte, aber schlussendlich seinen Frieden gefunden hat. Nun darf er sich in seinem späten Ruhm sonnen, während seine Imitation auf der Grossleinwand Erfolge feiert.

Dabei birgt Francos nahezu perfekte Imitation einen Widerspruch in sich: Seine schauspielerische Leistung besteht darin, einen schlechten Schauspieler ausserordentlich gut zu spielen. Auch mit von der Partie sind sein Bruder Dave Franco und Seth Rogen, der gefühltermassen überall ist, wo James Franco auch ist. Für seine Performance wurde Franco mit einem Golden Globe ausgezeichnet und auch für die Oscars galt er als möglicher Kandidat für eines der goldenen Männchen. Doch stehen derweil Nötigungsvorwürfe im Raum, die ihn wohl die Oscar-Nomination gekostet haben.

Kinostart von «The Disaster Artist» ist der 1. Februar! Wer sich die volle Dröhnung geben möchte, kann sich am 11. Februar im Kino Quinnie in Bern gleich beide Filme hintereinander anschauen.

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