Interview21. März 2024

6 Fragen an Tamer Ruggli zum Start von RETOUR EN ALEXANDRIE

6 Fragen an Tamer Ruggli zum Start von RETOUR EN ALEXANDRIE
© Pascal Triponez_for ZFF

Zum heutigen Kinostart des Films RETOUR EN ALEXANDRIE hatten wir die Gelegenheit, dem Regisseur Tamer Ruggli einige Fragen zu stellen. Erfahre im Interview wie es ihm gelang, die renommierte französische Schauspielerin Fanny Ardant für sein Debütwerk zu gewinnen und wie ihn seine ägyptischen Wurzeln und die Frauen in seiner Familie inspiriert haben.

IMAGIQUE: Kannst Du uns etwas darüber erzählen, wie Deine persönliche Geschichte und Deine familiären Wurzeln, die in Ägypten liegen, Deine kreative Arbeit für RETOUR EN ALEXANDRIE beeinflusst haben?

Tamer Ruggli: Die orientalische Exuberanz ist sicherlich eine Facette, die sich deutlich in meiner Arbeit widerspiegelt, ebenso wie mein ausgeprägter Sinn für Humor und meine Fähigkeit, nahtlos zwischen verschiedenen Emotionen und Sprachen zu jonglieren. Diese Eigenschaften schätze ich sowohl in meinem künstlerischen Schaffen als auch im Alltag sehr. Darüber hinaus dienten die Frauen in meiner Familie als bedeutende Inspirationsquelle für diesen Film. Die Produktion selbst markierte für mich eine wahre Rückkehr zu meinen Wurzeln und brachte mich meiner Herkunft und Familiengeschichte näher.


Welche besonderen Anekdoten oder Erfahrungen Deiner ägyptischen Mutter, dienten als Inspiration für den Film?

Die Erzählungen meiner Mutter waren ein wichtiger Bestandteil meiner Kindheit und Jugend. Ihre Beziehung zu ihrer eifersüchtigen Mutter, der Vorfall mit dem Schäferhund, der ihr das rechte Ohr abriss, der Papagei, den meine Grossmutter gegen sie hetzte, sowie der mysteriöse "Kapitän", dem ich als Kind in den Fluren der Familienwohnung begegnete, oder der Taxifahrer, der meine Mutter während einer Fahrt ständig anbaggerte und schliesslich im Obststand landete – all diese Ereignisse bildeten eine wesentliche Grundlage für die Entwicklung dieser Geschichte. RETOUR EN ALEXANDRIE ist somit ein semi-autobiografisches Familienporträt, das frei nach meinen eigenen Kindheitserinnerungen und den Geschichten, die mir meine Mutter über Ägypten erzählte, inspiriert wurde.


Inwiefern unterscheiden sich die Dreharbeiten in Ägypten von denen in der Schweiz?

Entgegen der gängigen Annahme ist es nicht unbedingt kostengünstiger, in Ägypten zu drehen. Im Gegenteil, die ägyptische Filmkultur, oft als das Hollywood der arabischen Welt bezeichnet, hat lange Zeit die Bildschirme der arabischen Länder dominiert. Die Filmcrews arbeiten äusserst effizient und lösungsorientiert, da sie mit lokalen Grossproduktionen und der Massenproduktion von Fernsehserien bestens vertraut sind. Die Herangehensweise eines Autorenfilms nach europäischer Art bleibt daher eher eine Ausnahme. Oft hatte ich den Eindruck, dass beispielsweise die Schauspieler:innen überrascht waren, dass ich ihnen so viel Raum und Zeit am Set widmete, um mit ihnen zu arbeiten. Was die Schweiz betrifft, so bedeutet ein kleineres Land auch eine begrenztere Filmlandschaft und damit in der Regel weniger Praxis und eine beschränktere Arbeitskraft. Dreharbeiten in der Schweiz sind oft stark reglementiert und bringen somit ihre eigenen Herausforderungen mit sich.


Das Essen ist im Film sehr präsent. Was ist Dein Lieblingsessen?

Ich geniesse es, zu essen und vor allem zu kochen. In meiner Familie ist es üblich, mehrere Stunden am Esstisch zu verbringen und manchmal sogar nahtlos vom Mittagessen zum Abendessen überzugehen. Ich bin ein grosser Fan der libanesischen, italienischen und Szechuan-Küche. Besonders stolz bin ich jedoch darauf, dass mein Lieblingsgericht, das Cordon Bleu, seinen Ursprung in der Schweiz hat.


Wie ist es Dir gelungen, für Deinen Debütfilm den französischen Filmstar, Fanny Ardant für Deinen Film zu begeistern?

Ich schrieb die Rolle der Fairouz, wobei ich mir schon in den ersten Versionen des Drehbuchs Fanny Ardant vorstellte. Dank unserer damaligen Koproduzentin konnte ich ihr das Drehbuch vorlegen und meine tiefe Bewunderung für sie zum Ausdruck bringen. Dieser Ansatz berührte sie, und bei unserem ersten Treffen in Paris verstanden wir uns auf Anhieb gut. Ausserdem spielte sicherlich auch die Tatsache, in Ägypten zu drehen, ein Land, von dem sie schon lange geträumt hatte, eine entscheidende Rolle.


Welche Art von Geschichten möchtest Du in Zukunft erzählen, und welche Projekte sind als nächstes geplant?

Übergangsrituale, wie Coming-of-Age-Geschichten, faszinieren mich sehr, unabhängig vom Alter. Aber auch die Mutter-Kind-Beziehung, der Einfluss der Kindheit und Jugend sowie das Gefühl der Zugehörigkeit zu einer Kultur oder einem Land sind Themen, die mich stark beschäftigen. Aktuell arbeite ich an einem neuen Projekt in Ägypten, das diesmal jedoch zeitgenössischer und sozialkritischer angelegt ist. Es wird von Samir von der Dschoint Ventschr Filmproduktion produziert. Zusätzlich befindet sich ein weiterer Film mit Tipi’mages Productions in Entwicklung, der die Emanzipation einer Mutter parallel zum Coming-out ihres Sohnes in den 1960er Jahren zwischen der Schweiz und Italien erzählt.

KINOSTART: 21. MÄRZ 2024


SYNOPSIS

Nach mehr als 20 Jahren kehrt Sue aus der Schweiz in ihr Heimatland Ägypten zurück, weil ihre Mutter Fairouz im Krankenbett liegt. Vor der exzentrischen Aristokratin ist Sue als junge Erwachsene davongelaufen. Nun sieht sie sich gezwungen, ihr wieder zu begegnen – wenigstens, um einen Schlussstrich zu ziehen. Die Reise, die sie von Kairo nach Alexandria zurücklegt, birgt einige Überraschungen und lässt Sue ihre Wurzeln entdecken. Dabei findet sie nicht nur zu ihrer Mutter, sondern auch zu sich selbst.

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