Artikel17. April 2024

Kunterbunte Dialektvielfalt: 10 Filme in Schweizerdeutsch

Kunterbunte Dialektvielfalt: 10 Filme in Schweizerdeutsch
© Langfilm

Am 18. April startet der Film OMEGÄNG in den Deutschschweizer Kinos. Aldo Gugolz macht sich in seinem Dokumentarfilm auf der Suche nach der Bedeutung des berndeutschen Worts. Zu diesem Anlass stellen wir euch 10 weitere Schweizer Filme vor, in denen Schweizerdeutsch gesprochen wird. So zum Beispiel SCHELLEN-URSLI, das in einem ländlichen alpinen Dialekt erzählt wird, der typisch für die Region Graubünden ist und DIE HERBSTZEITLOSEN. Der erfolgreiche Schweizer Film spielt im Trub im Emmental, gesprochen wird natürlich Bärndütsch. Die vorgestellten Filme bieten nicht nur Unterhaltung, sondern auch einen faszinierenden Einblick in die Vielfalt und den Reichtum der schweizerischen Dialektlandschaft.

Filmstart 18. April: OMEGÄNG von Aldo Gugolz

Was heisst eigentlich «omegäng»? Auf der Suche nach der Bedeutung des berndeutschen Dialektworts begegnet Aldo Gugolz in seinem sehr vergnüglichen Dokumentarfilm Menschen, die sich alle auf ihre eigene Weise mit der Vielfalt der Schweizer Sprachlandschaft befassen.

Begegne herausragenden Mundartkünstler:innen wie Pedro Lenz und Big Zis. Sie und andere Personen aus Wissenschaft, Politik, Musik und Dörfern setzen sich im Film OMEGÄNG auf einzigartige und akribische Weise mit unserem Dialekt auseinander.


Filmtexte von Irene Genhart (Cineman)

1. GHETTO (1997) (Zürichdeutsch)

Darum geht’s: GHETTO begleitet sechs Schüler:innen einer Sekundarschulklasse in Meilen während neun Monaten ihres letzten Schuljahres. Die 14-17 Jährigen sind stark eingebunden durch ihre persönliche Entwicklung und ihre gegenseitigen Interaktionen. Sie haben eine vage Vorstellung vom Erwachsenenleben, wissen aber nicht genau, was die Zukunft ihnen bringt. Trotzdem müssen sie entscheiden, welchen Weg sie nach dem letzten Schultag einschlagen werden.

Sehenswert weil: Der Luzerner Thomas Imbach lebt seit den 1980er-Jahren in Zürich. Er dreht Spiel- und Dokumentarfilme, GHETTO ist sozusagen der Nachtrag zum 1994 entstandenen WELL DONE, der den Alltag in einer Zürcher Finanzfirma schildert. GHETTO erzählt keine durchgehende Geschichte, sondern zeigt momentane Befindlichkeiten, wobei sich zwischen die digitalen Aufnahmen der Protagonist:innen mit der 35mm-Kamera geschossen Bilder der Umgebung schieben. Imbach hat GHETTO nicht über, sondern mit den Jugendlichen gedreht. Diese sprechen ihn und Kameramann Jürg Hassler zwischendurch auch direkt an – im Zürcher Jugendslang der späten 1990er.


2. DIE HERBSTZEITLOSEN (2006) (Berndeutsch)

Darum geht’s: Martha hat mit dem Tod ihres Mannes die Lebensfreude verloren. Um sie aufzumuntern, schlagen ihre drei besten Freundinnen Martha vor, sich einen alten Traum zu erfüllen. Dass die 80-jährige Schneiderin im Dorf, in dem sie leben, daraufhin kurzentschlossen eine Lingerie-Boutique eröffnet, hätten sie nie gedacht. Marthas neuer Elan schwappt auf sie über. Da kann die männliche Bevölkerung von Trub gegen die “sündige Reizwäsche” dann so heftig wettern und zetern wie sie will: Marthas Laden bleibt im Dorf, genauso wie die Kirche.

Sehenswert weil: Bettina Oberlis HERBSTZEITLOSE spielt im Emmentaler-Dorf Trub und wurde auch dort gedreht. Der Film lebt von seiner lustigen Geschichte und springt damit auf die Ende der 1990er-Jahre von englischen Feelgood-Comedys wie THE FULL MONTHY losgetretene Welle heiterer europäischer Selbstertüchtigungs-Komödien auf. Vor der Kamera agierten mit Stephanie Glaser, Annemarie Düringer, Heidi Maria Glössner und Monica Gubser vier gestandene Schweizer Schauspielerinnen. Gecoacht vom Berner Schriftsteller und Liedermacher Fritz Widmer sprechen sie im Film Berndeutsch, so wie es in Trub tatsächlich gesprochen wird.


3. SCHELLEN-URSLI (2015) (Bündner Dialekt)

Darum geht’s: Im Engadiner Dorf Guarda ist es Tradition, dass Dorfbuben am «Chalandamarz» genannten Frühlingsfest den Winter mit einem von lautem Glockengeläut begleiteten Umzug vertreiben. Ursli freut sich darauf, ist aber tief betrübt, als er das kleinste Glöckchen zugeteilt bekommt und deswegen von den anderen ausgelacht wird. Um die Schmach von sich abzuwenden, zieht er in tief verschneiter Nacht los, um für den Umzug die im Maiensäss der Familie hängende grosse Kuhglocke zu holen…

Sehenswert weil: SCHELLEN-URSLI basiert auf dem gleichnamigen Kinderbuch von Selina Chönz und Alois Carigiet von 1945. Xavier Koller hat dessen Handlung zusammen mit Stefan Jäger ergänzt und lässt sie im ausgehenden 19. Jahrhundert spielen. Gedreht wurde der Film nicht in Guarda, sondern im Weiler Sur En, sowie diversen anderen Engadiner Dörfern. Die Rollen der Erwachsenen vergab man soweit möglich an Bündner Schauspieler:innen wie Tonia Maria Zindel, Andrea Zogg und René Schnoz, die Kinder werden gespielt von Jonas Hartmann (Ursli) aus Churwalden, Julia Jeker aus Schiers (Seraina) und Laurin Michael (Roman) aus Andeer. Gesprochen wird im Film Bündner Deutsch.


4. DRII WINTER (2022) (Urner Deutsch & Entlebucher Dialekt)

Darum geht’s: Anna lebt in einem kleinen Bergdorf im Kanton Uri. Sie hat eine Tochter aus erster Ehe, arbeitet in der Dorfbeiz und verliebt sich in den aus dem Luzernischen zugezogenen Marco. Die beiden werden ein Paar. Doch schon bei der Hochzeit muss Anna miterleben, wie Marco plötzlich alles zu viel wird und er die Kontrolle über sich zu verlieren droht. Es sind erste Anzeichen einer Krankheit, welche die Liebe der beiden auf eine harte Probe stellt.

Sehenswert weil: Dem Luzerner Michael Koch ist mit DRII WINTER ein entschleunigtes Drama in einer besonderen Lebenswelt gelungen. Gedreht hat Koch mit Laiendarsteller:innen im Urnerischen Isenthal. Gesprochen wird im Film relativ wenig, zwischendurch aber kommentieren Gesänge des Dorfchors die Handlung. In der Rolle von Anna zu sehen ist die Altdorferin Michèle Brand. Marco wird gespielt vom in Willisau geborenen Simon Wisler der heute in Parpan einen eigenen Hof betreibt und von Koch an einem Schwingfest entdeckt wurde.


5. JAKOBS ROSS (2024) Regie: Katalin Gödrös

Darum geht’s: Schweiz, 1870. Die musikalisch begabte Magd Elsie träumt von einer Karriere als Musikerin. Ihr Herr fördert sie, fordert dafür aber sexuelle Gefälligkeiten. Als Elsie schwanger wird, verheiratet er sie mit dem Fuhrknecht Jakob und schiebt die beiden auf einen abgelegenen Pachthof ab. Die beiden fügen sich in ihr Schicksal und gewöhnen sich aneinander. Doch dann taucht Rico mit seiner Handorgel im Tal auf und befeuert mit seiner Musik erneut Elsies Traum…

Sehenswert weil: JAKOBS ROSS ist Katalin Gödrös‘ Verfilmung von Silvia Tschuis 2014 veröffentlichten Roman gleichen Namens. Der Film fokussiert sich auf die Beziehung von Elsie und Jakob und spielt an einem nicht genauer definierten Ort in der Schweiz, gedreht wurde JAKOBS ROSS im Val Bevona (TI) und im Bergell. Der Film kommt weniger herb daher als der Roman, verzichtet aber nicht auf harte Szenen, das Zeitkolorit ist durchaus realistisch dargestellt. Gesprochen wird darin ein altertümliches Schweizerdeutsch, das Gödrös als «Tschui-Sprache» apostrophiert. Absolut sehenswert ist JAKOBS ROSS, weil Luna Wedler darin ab und zu eine volkstümliche Weise anstimmt und dabei grosses Gesangtalent beweist. Entecke hier Luna Wedler und Maxhubacher, unser Duo des Monats.

Check Cineman für weitere Schweizer Filme auf Dialekt!

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