CH.FILM

Urban Genesis Schweiz 2022 – 96min.

Filmkritik

Schweiz-Äthiopische Stadtrevolution

Filmkritik: Walter Rohrbach

Äthiopische Bauern und ein Team internationaler Architekten aus der Schweiz und Äthiopien haben sich zusammengeschlossen, um sich dem Problem der Landflucht zu stellen. Die Dokumentation des Schweizer Regisseurs Dodo Hunziker geht der Frage nach, ob eine visionäre Modellstadt einen gangbaren Weg in eine nachhaltige Zukunft ist.

Irgendwo im äthiopischen Nirgendwo: Zwei abgemagerte Kühe ziehen ein einfaches Holz um den weichen Boden zu pflügen. Dahinter der Bauer und sein Sohn. Tilahun Ayelew ist Mitte vierzig, sein Sohn Fitalew ist neunzehn und möchte eigentlich so schnell wie möglich das Land(leben) verlassen und in die Grossstadt ziehen und das karge und arme Leben hinter sich lassen. Fitalew hat Träume, die über die Bewirtschaftung des ertraglosen Ackerlands hinausgehen. Genau hier setzt das äthiopisch-schweizerische Stadtentwicklungsprojekt «BuraNEST» (New Ethiopian Sustainable Town) an, dass auf die Urbanisierung der bäuerlichen Bevölkerung in einem landesweiten Netzwerk kleiner Städte abzielt. Mit besserer Infrastruktur und vermitteltem Know-How, sollen besserer Erwerbsmöglichkeiten ausserhalb der Landwirtschaft eine Perspektive für die nächste Generation geschaffen werden – so dass die junge Bevölkerung (wie beispielsweise Fitalew) sein Glück nicht in der fernen Stadt suchen muss.

Der Ideengeber für die Modellstadt ist der Schweizer Franz Oswald, emeritierter ETH-Professor und Architekt. Er entwickelte den auch die Ursprungsidee, dass durch einen radikalen Ansatz die Stadt zu den Bauern kommen soll. Der Dokumentarfilm begleitet Oswald, bei der Projektinitiierung dieser revolutionären Idee und vielmehr mit welchen Hürden, Problemen und kulturellen Schwierigkeiten diese zu kämpfen hat. Denn Oswald möchte das Projekt an die Äthiopierinnen und Äthiopier übergeben und stösst dabei auf einige Schwierigkeiten und nervenaufreibende Hindernisse.

Regie geführt hat der Schweizer Regisseur Dodo Hunziker, der bereits über einige Erfahrung im Bereich des Dokumentarfilms aufweist: Hunziker war Regisseur von «Tibetan Warrior» und war auch bei den Dokumentationen «Bottled Life» und «Ostrov» beteiligt. Der aktuelle Dokumentarfilm gibt einen guten und interessanten Einblick in ein Thema und in eine Region, die normalerweise nicht auf den Titelseiten zu finden ist und thematisiert offen die Umsetzungs- und Kommunikationsschwierigkeiten zwischen den Akteuren solcher Projekte. Auch die Schilderung aus verschiedenen gesellschaftlichen Perspektiven ist eine Stärke des Films – neben den Forschenden, erhalten auch die Projektleitenden und die örtlichen Bauern eine Stimme. Ob nun aber eine nachhaltige Modellstadt den Weg aus der sich global verschärfenden Migrationskrise führt, kann der Film derzeit aber noch nicht abschliessend beantworten. Fitalew ist übrigens wieder – nach einem kurzen Abstecher in der Stadt – zurück beim Vater. Für ihn scheint das Stadtprojekt tatsächlich eine Perspektive geschaffen zu haben. Ob dies so bleibt, wird die Zukunft zeigen.

30.05.2022

3

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