Tchaikovsky's Wife Russische Föderation 2022 – 143min.

Filmkritik

Wie eine Frau ein Genie zerstören kann

Filmkritik: Teresa Vena

Es wird als offenes Geheimnis gehandelt, dass der russische Komponist Piotr Ilych Tchaikovsky, Schöpfer von Stücken wie «Schwanensee» und «Der Nussknacker», die wohl zu den bekanntesten Werken der klassischen Musik gehören, vermutlich homosexuell gewesen ist. Trotzdem war er verheiratet. Um diese Ehefrau geht es in Serebrennikovs opulentem Historiendrama.

Der Regisseur reproduziert die misogyne Auslegung, dass Antonina, die Ehefrau, die wie eine Besessene an der Ehe mit Tchaikovsky festhält, obwohl dieser ihr wiederholt zu verstehen gibt, dass er sie verabscheut und ihre Anwesenheit nicht erträgt, im Grunde am Niedergang ihres Mannes schuld ist. Sie ist die Frau, die das Genie behindert, es krank macht und damit zerstört.

Über zweieinhalb Stunden sieht man dabei zu, wie die Protagonistin immer wieder aufs Neue erniedrigt wird – sie macht es den Männern auch besonders einfach, muss man leider dazu sagen. Sichtbar ist im Film eine offensichtliche Freude, Leid und Elend darzustellen. Dieser Blick ist voyeuristisch und, wie gesagt, äusserst misogyn.

Es wäre interessanter gewesen, hätte man den Fokus auf den Männerzirkel gelegt. Homosexualität war damals wie auch heute in Russland ein Tabuthema. Sich unter Putin dazu zu bekennen, ist gefährlich. Einen Nationalhelden wie Tchaikovsky damit zu «diskreditieren», wohl mindestens genauso.

Sucht man weiter, könnte man in der Hauptfigur insofern eine politisch-kritische Intention des Regisseurs vermuten, dass sie für ihn die Personifizierung von Fanatismus sein könnte. Es ist kaum Liebe, die sie an ihren Mann bindet. Sie hält aber an ihrem Entschluss fest, ihn für sich haben zu wollen. Sie vergöttert ihn wie ein höheres Wesen, ganz egal, ob er sich wie ein unbarmherziger Tyrann verhält. Diese Blindheit, dieser Wunsch geführt zu werden, könnte als ein Kommentar auf Putin und seine Gefolgschaft gelesen werden.

20.03.2023

2

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Kommentare

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mfo

vor einem Jahr

Eine Qual


thomasmarkus

vor einem Jahr

Ich fand die opulente Inszenierung gab ein gutes, kunstvolles, mit filmischen Ideen gespicktes Sittengemälde ab.
Ein Aspekt: Liebe stösst nicht immer auf Gegenliebe - wie umgehen, wenn Liebe nicht erwidert wird, aber auch, wie einen Korb geben?
Das Fanatiasche, Vergötternde: Vielleicht wirklich ein eüberraschende Metapher für Putins misogynes homophobes Russland?Mehr anzeigen


gimir

vor einem Jahr

Ein echt nervenaufreibender Film; ich war enttäuscht.


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