Call Jane Grossbritannien, USA 2022 – 121min.

Filmkritik

Kontrolle über den eigenen Körper

Filmkritik: Maxime Maynard

Phyllis Nagy, die gefeierte Drehbuchautorin von «Carol» und für diesen bei den Oscars 2016 in der Kategorie Bestes adaptiertes Drehbuch nominiert, zieht sich für einen neuen engagierten Spielfilm die Regiejacke über.

Joy ist eine vorbildliche Hausfrau im Amerika der 60er Jahre. Als sie auf ihr zweites Kind wartet, bricht ihre Welt zusammen, als sie erfährt, dass diese Schwangerschaft für sie tödlich sein könnte. Als die Ärzte sich weigern, ihr bei der Abtreibung zu helfen, wendet sie sich an eine Untergrundorganisation, die dafür kämpft, Frauen die Kontrolle über ihren eigenen Körper zu geben. Nach und nach engagiert sich Joy immer mehr für die Sache und bringt ihre Routine durcheinander.

Während mehrere US-Bundesstaaten das Urteil «Roe v. Wade», das den Schwangerschaftsabbruch legalisiert, für nichtig erklärt haben, schlägt das Kino zurück. Der Spielfilm «Call Jane» basiert auf dem realen «Jane Collective», einer Organisation, die in den späten 1960er-Jahren in Chicago aktiv war und vielen Frauen bei der Abtreibung half, als dieses Recht, das heute in Gefahr ist, noch illegal war. Der Spielfilm von Phyllis Nagy ist jedoch kein genaues Abbild der Realität, sondern eine fiktionale Version.

Wenn wir Joys Reise folgen, lernen wir eine Sammlung von Charakteren mit unterschiedlichen Hintergründen und Motivationen kennen. In den Gruppenszenen glänzen alle Schauspielerinnen mit einer gemeinschaftlichen Aura, die dem Aktivismus eigen ist. Während Elizabeth Banks eine ehrliche Leistung abliefert, ist Sigourney Weaver, die sich in jeder ihrer Rollen wohlfühlt, als Virginia, die Gründerin der Bewegung, die einzige, die dem Film Dynamik verleiht.

Doch auch wenn die Fiktion hofft, eine Realität zu schaffen, die spannender ist als die Realität selbst, wird das Drehbuch von Hayley Schor und Roshan Sethi durch überflüssige Klischees verunstaltet, die das eigentlich angemessene Tempo belasten. Trotz des überstürzten Endes ist «Call Jane» ein interessanter und schön anzuschauender Spielfilm, der ein Plädoyer für ein bedrohtes Recht darstellt.

Wie der kürzlich erschienene Film «L'événement» von Audrey Diwan oder der mit Spannung erwartete Film «Annie Colère» von Blandine Lenoir bietet «Call Jane» einen Einblick in die Realitäten eines sozialen Kampfes, der immer noch aktuell ist. Die Geschichte einer Bewegung, die man kennen sollte.

22.11.2022

3.5

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Kommentare

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thomasmarkus

vor einem Jahr

Fiktional auch in dem Sinn, dass Film aus heutiger Warte erzählt und heutige Probleme einträgt...
Spannend den Pausengesprächen von Frauen zuzuhören - für sie war es absehbar, wie es weitergehen könnte, was aber durchsichtig und enttäuschend wäre - kam dann doch ganz anders...


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