My Sunny Maad Tschechische Republik, Frankreich, Slowakei 2021 – 81min.

Filmkritik

Meine afghanische Familie

Filmkritik: Alejandro Manjon

Der Film spielt in einem Post-Taliban-Regime rund um das Jahr 2011, eine Zeit von grossen sozialen Veränderungen, in welcher sich der Hass gegen die Vereinigten Staaten und die starken hetero-patriarchale Linien abzeichnet.

Das langweilige Leben von Herra war im Grossen und Ganzen nicht gerade schön. Die Beziehung zu ihrer Familie könnte man als schwierig bezeichnen und sozialen Kontakt zu Freunden hatte sie auch kaum. Vielleicht deswegen fühlte sich die junge Tschechin in der Hauptstadt Prag nicht heimisch. Eines Tages wie aus allen Wolken gefallen, taucht Nazir bei einer ihrer Wirtschaftsvorlesungen an der Universität auf – Es ist Liebe auf den ersten Blick.

Ein paar Monate später zieht das Paar nach Kabul, die Heimatstadt von Nazir. Heirat nach afghanischen Tradition inklusive. Das Leben in Kabul ist für eine blonde Europäerin kein Ponyhof: Zahlreiche Herausforderungen stehen vor ihr. Sie muss erst mal Dari (eine von den zwei Amtssprachen in Afghanistan) erlernen, sich mit den Traditionen vertraut machen und sich gegen die Vorurteile gegenüber dem Westen wehren. Aber auch an Nazirs Familie und ihrer Dynamik muss sie sich anpassen. Neben Herra spielt die Figur Maad, ein Kind mit einer Kopfverformung, eine zentrale Rolle im Film. Die Tschechin schliesst Maad wegen seines Humors, Intelligenz und gütigen Art ins Herz. Und tatsächlich führen die beiden eine enge Beziehung zueinander, die sich für beide wie eine zusammengebastelte Familie anfühlt. «Ich sterbe hier ohne dich» beichtet das Kind Herra leise in einer Szene im Auto.

«My Sunny Maad» von Michaela Pavlátová ist ein gelungen illustrierter Animationsfilm, der auf dem Roman «Frišta» von Petra Procházková basiert. Das Fesselndste am Film ist, dass nichts als schwarz oder weiss dargestellt wird. Beide Seiten werden beleuchtet und die Möglichkeit gegeben, zu Wort zu kommen. Infolgedessen wird der Handlungsspielraum afghanischer Frauen ans Licht gebracht, ohne das starke Patriarchat vor Augen zu verlieren. Auch der Hass auf die Amerikaner seitens der Zivilbevölkerung, welcher unleugbar präsent ist, wird auch mit Vorsicht und niemals pauschalisiert behandelt. Aber der Plot hört keineswegs mit diesen Gegensätzen auf, vielmehr bietet er uns einen tieferen Einblick in die vielfältige, bunte Gesellschaft Afghanistans. So lernen wir Charaktere kennen, wie der feministische Opa, der Herra unter seine Fittiche nimmt. Nazir selber, der für die Amerikaner arbeitet. Oder die Amerikanerin im Konsulat, die über die afghanische Kultur herablassend spricht. Der Film setzt also den Schwerpunkt darauf, die Realität ohne politische Agenda zu zeigen – diese Geschichte handelt von Menschen und Eindrücken von Herra, eine Frau, deren eigenes Ziel ist, einfach glücklich zu sein.

Der gepflegte Geschmack fürs Detail, die musikalischen Themen von den talentierten Brüdern Galperine, die kreative Art des Filmes in Form einer Animation zu erzählen und das realitätsnahe Drehbuch bilden ein ausdrucksstarkes Mosaik von Szenen, bei dem wir nicht wegschauen können.

29.04.2022

4.5

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