Judas and the Black Messiah USA 2021 – 126min.

Filmkritik

Eine mitreissende Geschichtsstunde

Peter Osteried
Filmkritik: Peter Osteried

«Judas and the Black Messiah» greift ein Stück amerikanische Geschichte auf, das noch nicht so lange her ist. Hiesige Zuschauer erhielten letztes Jahr mit dem Netflix-Film «The Trial of the Chicago 7» einen kleinen Einblick, schon damals hatte man aber das Gefühl, dass die Geschichte von Fred Hampton noch ungleich interessanter ist. Der neue Film bestätigt diese Empfindung.

Es ist das Jahr 1968 – in den USA herrscht Aufruhr. Gegen den Vietnamkrieg, für mehr Gleichberechtigung für Farbige. Es ist eine explosive Stimmung, in der die Black Panther Party und Fred Hampton gedeiht, aber auch immer wieder zum Ziel von Polizeischikane wird. Auch das FBI ermittelt gegen Hampton und kann ein Mitglied seines engsten Stabs zum Spitzel umdrehen. Doch als man auch damit nicht genug Material gegen Hampton findet, reift ein anderer Plan heran. Einer, der eine endgültige Lösung beinhaltet…

Der Film stellt nicht glasklar fest, dass es eine Verschwörung zum Mord gab, er insinuiert es aber, indem er die Handlungsträger so darstellt, dass so gehandelt wurde, wie es erwartet wurde. Das heisst: Niemand musste sich verabreden, es lief so, wie die Strafverfolgungsbehörden und das FBI es wollten – und jeder der Beteiligten wusste, was das hiess, weil man gleich dachte. Das ist einer der gruseligen Aspekte des Films, da die Vertreter von «Law & Order˚» selbige mit Füssen treten. Elektrisierend ist dabei auch die Szene, als Polizisten ein Haus der Black Panther Party stürmen, alle hinausbringen, wieder hineingehen und es in Flammen setzen.

Bedenkt man, dass das alles gerade mal gut 50 Jahre her ist, ist es umso tragischer und schändlicher, hat man doch nicht das Gefühl, dass sich die USA in diesen Jahrzehnten besonders stark zum Positiven entwickelt hätten. Der Film schlägt diese Brücke nicht, beim Zuschauen muss man aber unweigerlich daran denken, wo die Unterschiede zwischen weissem Privileg und schwarzer Realität sind.

Daniel Kaluuya in der Hauptrolle des Fred Hampton ist hervorragend. Er hat Charisma. Das gleiche, das auch Hampton hatte, wie man schon in einem kurzen Ausschnitt seiner „Ich bin ein Revolutionär“-Rede am Ende sehen kann. Aber auch LaKeith Stanfield als Judas, der seine eigene Haut zu retten versucht, ist grossartig und legt seine Rolle nuanciert an.

«Judas and the Black Messiah» ist ein technisch hervorragender, inhaltlich packender Film, der nicht nur als Geschichtsstunde funktioniert, sondern auch von echter Emotion getragen ist. Ein Film, der sich jetzt schon für das Oscar-Rennen im Jahr 2022 empfiehlt.

02.07.2021

4

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Kommentare

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thomasmarkus

vor 2 Jahren

Bittertraurig real - und wie in der Kritik steht: Was hat sich schon verbessert? Erst langsam (black lives matter) kommt breiter an, was man schon lange wissen konnte.
Subtil die Zeichnung von schwarz-weiss: Nicht nur, was die colored people betrifft, sondern vor allem der Charaktere: Oft etwas im Dazwischengrau, nicht einfach hie (nur) gut, dort böse...Mehr anzeigen


sbern03

vor 2 Jahren

Zur Kritik: der Film gewann soeben 2 Oscars, nämlich für den Besten Nebendarsteller sowie Original-Song.


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