Grosse Freiheit Österreich, Dänemark, Deutschland 2021 – 117min.

Filmkritik

Das Gespenst der Freiheit

Filmkritik: Teresa Vena

Der Paragraph 175 hat Jahrzehnte lang unter männlichen Homosexuellen viele Opfer gefordert. Einer von ihnen ist Hans, der Protagonist der Geschichte, der stets mit einem Bein im Gefängnis steckt. In diesem Drama blitzen immer wieder einzelne magische Hoffnungsschimmer auf, doch meist überwiegt die beklemmende, düstere Stimmung, der man ohnmächtig ausgeliefert ist. Getragen wird der Film von zwei herausragenden Hauptdarstellern.

Es ist nicht das erste Mal, dass Hans (Franz Rogowski) aufgrund seiner sexuellen Neigung ins Gefängnis kommt. Aufgegabelt wird er 1968 auf einer Männertoilette, wo er, so zeigen es Aufnahmen, die mit einer versteckten Kamera gemacht wurden, Geschlechtsverkehr mit Männern hatte. Laut Gesetz und genauer laut Paragraph 175 stehen diese unter Strafe. Das ist für Hans nichts Neues, hat er nämlich deswegen bisher mehr Zeit im als ausserhalb des Gefängnisses verbracht. Dort hat er auch Viktor (Georg Friedrich) kennengelernt, mit dem er sich lange Zeit, als er nach Kriegsende vom Arbeitslager für Homosexuelle ins Gefängnis umgesiedelt wurde, eine Zelle teilte. Erst machte Viktor, selbst wegen Mordes verurteilt, keinen Hehl daraus, dass er Hans' Natur verabscheute, bis sich zwischen den beiden dann doch noch Zuneigung entwickelte. Beide träumen von einem Leben ausserhalb der Gefängnismauern, einem Leben in Freiheit.

Dieser Paragraph 175 blieb bis 1994 in Kraft, geahndet wurden homosexuelle Handlungen unter Erwachsenen ab 1969 nicht mehr. Im Dritten Reich bestrafte man Homosexuelle mit Arbeitslager, danach konnten bis zu fünf Jahre Zuchthaus verhängt werden. Von dieser Rechtslage geht das deutsch-österreichische Drama des Regisseurs Sebastian Meise aus, um in «Grosse Freiheit», ausgehend vom Thema der Homosexualität, die Geschichte einer ungewöhnlichen Freundschaft zu erzählen und das Psychogramm zweier Männer zu erarbeiten, die mit tiefgreifenden Traumata belastet sind und trotzdem aus dem Leben Hoffnung schöpfen.

So wie sich für Hans die Erinnerungen an die verschiedenen Jahre im Gefängnis vermischen, verhält es sich auch mit dem Zuschauer, der sich in der fragmentierten Form des Films wie in einem Rausch verliert. Fast so wie für Hans werden die dreckigen Zellen und dunklen Räume zum physisch nachspürbaren Erlebnis. Wie ihm wird es einem schwarz vor Augen und schwindlig, was durch die ziemlich nervöse Handkamerästhetik zusätzlich hervorgerufen wird. In einem komplizierten Konstrukt aus Rückblenden springt der Film zwischen den Jahrzehnten hin und her, die aber an der sorgfältigen, die jeweilige Epoche rekonstruierenden Ausstattung zu erkennen sind.

Auch wenn sich in der zweistündigen Gesamtdauer des Films einige Längen eingeschlichen haben und dem Film eine Straffung sicherlich gut getan hätte, die gerade bei den ziemlich kruden und expliziten Sexszenen zum Zug hätte kommen können, sind es insbesondere die beiden Hauptdarsteller Franz Rogowski und Georg Friedrich, die mit ihrer charismatischen Präsenz die Faszination, die der Geschichte schon an sich eigen ist, noch zu steigern vermögen.



20.03.2024

4

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Kommentare

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julianne

vor 2 Jahren

Sehr guter Film toller Hauptdarsteller! Ende des Film sagt alles ! Wirklich toll !!


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