Gefangen im Netz - Caught in the Net Tschechische Republik, Slowakei 2020 – 100min.

Filmkritik

Die dunkle Seite des Internets

Björn Schneider
Filmkritik: Björn Schneider

Die tschechische Doku «Gefangen im Netz» offenbart, wie anfällig Kinder und Jugendliche im Cyber-Raum für sexuelle Übergriffe und Erpressung sind. Ein Film, der schockierende Einblicke bietet und die Bedeutung von Prävention verdeutlicht.

Die Filmemacher Vít Klusák und Barbora Chalupová starten ein gewagtes Experiment: Drei Schauspielerinnen werden zehn Tage lang in ihren gefakten Kinderzimmern beobachtet, wie sie sich auf Facebook, Skype & Co. durch das Internet bewegen. Die Darstellerinnen geben sich als 12-Jährige aus und es dauert nicht lange, bis sich die ersten Männer bei ihnen melden – mit Links zu Pornoseiten, anzüglichen Bildern, unverblümten Anfragen.

Am Ende sind es 2.458 Männer, denen sie online begegnen. Die juristisch und psychologisch begleitete dokumentarische «Versuchsordnung» hatte für viele der betroffenen Männer juristische Konsequenzen. Schon Anfang 2020, kurz nach der Premiere des Films in Tschechien, waren zwei Dutzend Ermittlungsverfahren eröffnet.

Allein dieser Umstand rechtfertigt die Realisierung dieser erschütternden Doku, die in die dunklen Welt der sexuell motivierten Übergriffe eintaucht. Klusáks und Chalupovás verschweigen und verharmlosen nichts. Und sie präsentieren die verstörende, kriminelle Energie der Männer in aller Ausführlichkeit. Einige der virtuellen Gespräche sind schwer erträglich, etwa wenn die Männer mit Äußerungen wie «Du bist jung. Aber das ist mir egal» verdeutlichen: Ist das Verlangen gross und ergeben sich Gelegenheiten, zählen Gewissen,Moral und geltendes Recht nichts mehr. Einer der Männer sitzt bereits nach wenigen Minuten entblösst vor seinem PC. Andere starten unverblümt direkt mit Vulgärsprache in die Kommunikation.

Später ist zu sehen, wie es zu Treffen zwischen den Männern und den Lockvögeln kommt.Diese Szenen zeigen nochmals das perfide Vorgehen der Täter. Wie sie ihre Opfersystematisch manipulieren oder mit anzüglichen Bildern zu erpressen versuchen. Der Filmmacht klar: Kinder benötigen Aufklärung und Wissen darüber, wem sie online begegnenkönnen und wie die Kriminellen vorgehen.

Die Schwierigkeit von «Gefangen im Netz» besteht einerseits darin, dass er die Problematik zwar aufzeigt, aber echte Lösungsansätze und Antworten schuldig bleibt. Zum Beispiel wie es mit einigen der Täter nach dem Film (und nach den Ermittlungsverfahren) weiterging. Das zweite, noch viel größere Ärgernis ist die reißerische, auf Sensation schielende Machart, die bisweilen an plakative, skandalisierende Scripted-Reality-Formate und Pseudo-Dokus erinnert, die sonst im Nachmittags-Programm einiger Privatsender laufen. Dazu zählen die dramatische Musik, die zweitklassige Synchro, einige forcierte Dialoge und eine künstlich wirkende Dramaturgie, die eher an einen Spielfilm erinnert.

31.05.2021

3

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Kommentare

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sonnestaub42

vor 3 Jahren

Ein Film den sich jeder ansehen sollte, der Kinder im Teenageralter hat. Ziemlich abartig was sich da die Männer erlauben. Zum Glück bin ich nicht so...

Filmenthusiast

vor 2 Jahren

nein, du zum Glück nicht, du bist der selbstgerechte Moralapostel, der sich besser fühlt, wenn er mt dem Finger auf anere zeigen kann. vermutlich wachst du auch darüber, dass alle deine Nachbarn eine Maske tragen, keine Parties feiern, und greifst zum Telefon wenn doch

Zuletzt geändert vor 2 Jahren


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