Undine Frankreich, Deutschland 2020 – 90min.

Filmkritik

Wellen der Liebe

Cornelis Hähnel
Filmkritik: Cornelis Hähnel

Regisseur Christian Petzold ist ein Dauergast auf der Berlinale, zuletzt war er 2018 mit seiner freien Anna Seghers-Adaption Transit im Wettbewerb zu sehen. Mit Undine geht er zum fünften Mal ins Rennen um den Goldenen Bären und transportiert dafür eine alte Sage in die Gegenwart.

Undine (Paula Beer) lebt als Stadthistorikerin in Berlin. Für sie bricht eine Welt zusammen, als ihr Freund Johannes (Jacob Matschenz) sie plötzlich für eine andere Frau verlässt. Undine schwört bitterste Rache zu nehmen und ihn zu töten. Nur kurz darauf tritt Industrietaucher Christoph (Franz Rogowski) in ihr Leben und ihr gebrochenes Herz beginnt dank seiner neuen Liebe zu heilen. Anfangs scheinen die beiden glücklich werden zu können, doch die Dunkelheit in Undines Vergangenheit steigt immer wieder an die Oberfläche…

Mit Undine widmet sich Petzold dem Mythos des Wassergeistes Undine und eröffnet damit seine geplante Trilogie über die deutsche Romantik. Im klassischen Sagenstoff bekommt die Nymphe Undine eine Seele, wenn sie die Beziehung mit einem Menschen eingeht, dem untreuen Mann wiederum bringt sie den Tod. Sehr viel mehr Handlung fügt auch Petzold seiner modernen Version nicht hinzu: Seine Undine steht zwischen zwei Männern und hadert mit ihrem Schicksal.

Aber er versteht es, solch kleinen Geschichten kraftvoll zu erzählen. Das elementare Wesen der deutschen Romantik atmend ist hier die Melancholie stets präsent, über der jungen Liebe liegt ein morbider Schleier des Verfalls und der Unbeständigkeit. Petzold erlaubt es sich zudem, seinem Film einige märchenhafte Züge zu verleihen, das erste Kennenlernen von Undine und Christoph in der Flutwelle des zerberstenden Aquariums hat sogar Anwandlungen einer romantischen Comedy (die Märchen der Neuzeit) und auch der Mythos um den Riesenwels am Grunde des Sees wird hier Realität.

Und trotz der deutlichen Orientierung an Mythologie und Romantik fügt sich der Film nahtlos in Petzolds Gesamtwerk ein, denn letztlich waren seine Figuren schon immer von flirrender Poesie getrieben und der Realität leicht entrückt. Auch Paula Beer gleitet mit abwesend-verträumtem Blick durch das Geschehen, das Wissen um die Unausweichlichkeit ihres Schicksals stets vor sich hertragend und trotzdem entschlossen um Selbstbestimmung kämpfend.

Aber wo sonst die Realität traumhaft inszenierte wurde, fehlt durch den bewusst märchenhaften Ansatz der Neuinterpretation des Mythos leider die überraschende Reibung der Welten. Und so spielt Petzold in Undine nicht nur mit bekannten Motiven aus der Sagenwelt, sondern auch aus seinem eigenen Oeuvre, ohne dabei den kraftvollen Sog wie bei Transit oder Barbara zu entwickeln.

26.02.2020

3

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Kommentare

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Patrick

vor 3 Jahren

Märchenhafte Love~Story mit einem sympathischem Liebespaar sowie ist das ganze mit schöner Klavier Musik untermalt.Fazit;Wie immer sind Christian Petzold Filme,Filme für den besonderen Filmgeschmack und am Ende sollte man bei diesem Film ein Taschentuch bereit halten. P.S.Paula Beer Gewann 2020 den Silber Bär in Berlin für die Rolle als Undine.Mehr anzeigen

Zuletzt geändert vor 3 Jahren


thomasmarkus

vor 3 Jahren

Liebe auch ein tiefes, gefährliches Wasser. Wo der Grund, wo der Untergrund...?


8martin

vor 3 Jahren

Der Undine Mythos ist hier nach Berlin verlegt und in eine Liebesgeschichte zwischen der Kunsthistorikerin (Pauls Beer) und dem Industrietaucher Christoph (Franz Rogowski) gehüllt. Undine hat eine unglückliche Beziehung zu Johannes (Jacob Matschenz), dem sie gleich zu Anfang androht ihn umzubringen, wenn er sie verlässt.
In wunderschönen Unterwasseraufnahmen zeigt Christoph Undine seine Welt. Er erleidet einen Unfall. Liegt im Koma im Krankenhaus.
Jetzt kommt der Petzold-Effekt. Realität und Mythos werden verwoben. Ähnlich dem Romeo und Julia Mythos, in dem Romeo seine Julia für tot hält, geht hier Undine in den See, wo die mit Christoph so glückliche Tage verlebt hatte, nachdem sie wie angekündigt Johannes umgebracht hat. Christoph erwacht aus dem Koma und ist vom Fluch der Wassernixe befreit. Er lebt fortan mit seiner Kollegin Monika (Maryam Zaree).
Bereits vorher hatte Kameramann Heinz Fromm sein Meisterstück abgeliefert, als Undine und Christoph in ihrem Lokal von einem platzenden Riesenaquarium hinweggespült werden. Eine kleine Taucherfigur, die an Christoph erinnert, bringt er aus der Tiefe des Sees mit. Erfrischende Kühle unter Wasser. Die Gedanken folgen dem Elementargeist in sein feuchtes Reich. Verträumte Entspannung. Schön, dass es noch solche Filme gibt.Mehr anzeigen


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