Die Misswahl - Der Beginn einer Revolution Frankreich, Grossbritannien 2020 – 106min.

Filmkritik

Sabotage beim Schaulaufen

Rolf Breiner
Filmkritik: Rolf Breiner

Sie sind scheinbar nicht auszurotten, die Miss Wahlen – sei es zur Apfel-oder Weinkönigin oder eben Miss Schweiz oder Miss Earth. Doch Schönheitswettbewerbe haben Glanz und Gloria verloren und mussten sich anpassen. Bikinis sind nicht mehr angesagt. Persönlichkeit, Bildung und Sozialkompetenz sind gefragt. Vor fünfzig Jahren sah das anders aus, da ging es um den schönen Schein, um Bodies und Beauties.

Philippa Lowthorpe ist in die Siebzigerjahre getaucht und schildert, wie sich junge Frauen aus aller Welt auf der Bühne zur Schau stellen, im Bikini und Abendkleid messen. Es war die Blütezeit der Miss Wahlen. Weltweit verfolgten über 100 Millionen Zuschauer an den Bildschirmen den Schönheitsreigen. Hintern den Kulissen und auf der Bühne zogen Männer die Fäden – eben auch 1970. Allen voran das Eric Morley und seine Frau, die 1951 mit einem Badeanzug-Wettbewerb die spätere Miss World-Show begründeten.

Der Spielfilm «Misbehaviour» zeichnet zwei Handlungsstränge: hier die internationale Miss-Show in der Londoner Royal Albert Hall, moderiert vom schmierigen Entertainer-Macho Bob Hope (Grag Kinnear), dort eine aufkeimende Frauenbewegung (Women's Liberation Movement), die gegen Miss-Vermarktung und Zurschaustellung kämpft. Eher zufällig kommt die angehende Akademikerin Sally Alexander (Keira Knightley) mit den Aktivistinnen um Jo Robinson (Jessie Buckley) in Kontakt. Die überlegte Sally, geschiedene Mutter mit Kind, und die wilde Rebellin Jo spannen zusammen, um die «Fleischbeschauung» und ihre Hintermänner zu attackieren. Und die Frauenrechtlerinnen treten tatsächlich in der ehrwürdigen Londoner Royal Albert Hall eine feministische Revolution los.

Auf der anderen Seite junge Frauen, die sich durch ihre Auftritte Chancen erhoffen, aus ihren Verhältnissen auszubrechen und eine eigene Karriere zu lancieren. Das gilt vor allem für die Miss-Kandidatin aus Grenada, Jennifer Hosten (Gugu Mbatha-Raw). Aber auch Pearl Gladys Jansen (Loreence Harrison), die schwarze Teilnehmerin aus Südafrika (neben ihrer weissen Konkurrentin aus Südafrika), erhofft sich Aufmerksamkeit. Dass eine schwarze Schönheit diesen Wettbewerb gewinnt, schien 1970 schier unmöglich.

Macho-Herrlichkeit und Männerdomäne im Showbiz, Rassismus, Sexismus und Feminismus, Kampf um Gleichberechtigung und Protest – all diese Themen bringt das Show-Drama unter ein Dach, mit einigen Dokumentaraufnahmen bestückt. Produzentin Suzanne Mackie, Autorin Rebecca Frayn und die englische Regisseurin Philippa Lowthorpe haben ein Zeitbild geschaffen, das aktuell wie eh und je scheint. Keira Knightley besticht als smarte Rebellin, der Jessie Buckley als kecke burschikose Aktivistin in Nichts nachsteht. Fazit: Intelligenz und Herz kommen vor Schönheit und (männlicher) Eitelkeit. Und den Aktivistinnen von 1970 wird ein Kränzchen gewunden.

13.03.2024

4

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Kommentare

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thomasmarkus

vor 3 Jahren

Immer speziell, gar berührend, wenn bei 'nach einer wahren Geschichte' am Endt Fotos der noch lebenden Protagonistinnen (i diesmal klein geschrieben) einblendet werden und was aus ihnen geworden ist. Eien wichtige Geschichtslektion. Für alle, die Genederfragen als übertrieben abtun. So lange ist das gar nicht her, und so weit sind wir noch gar nicht... Die Filmmusik tönt wie ein Echo der Zeit, aber auch wie der Widerhall von 'Die göttliche Ordnung'. A propos Filmmusik: Einmal dröhnt dann infernalisch die Pauke, so quasi bei der Klimax. Und hier ist es das gewaltige 'dies irae' aus Verdis Requiem. Zorn vom Feinsten.Mehr anzeigen


Julia

vor 3 Jahren

Süss, die Sorgen von damals....gegen heute? Und die Mode war viel bunter...............


formel1

vor 3 Jahren

Ein guter Film mit tollen Filmdarstellerinnen und Filmdarsteller.


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Oh la la - Wer ahnt denn sowas?