Les 2 Alfred Frankreich 2020 – 94min.

Filmkritik

Gefangen in der Meetingschleife

Filmkritik: Teresa Vena

In seiner neuen Tragikomödie blickt der französische Regisseur Bruno Podalydès auf die moderne Arbeitswelt, die von floskelhafter Sprache und Selbstausbeutung des Individuums geprägt ist. Sandrine Kiberlain und Denis Podalydès überzeugen durch eine charismatische Präsenz, können aber nicht über die Mängel des Drehbuchs hinwegtäuschen.

Alexandre (Denis Podalydès) braucht dringend eine neue Stelle. Sein Konto ist überzogen, da seine Frau ihr Gehalt nicht mehr darüber laufen lässt und weil sie, wortwörtlich, als Offizierin auf einem U-Boot, abgetaucht ist. Doch mit seiner naiven Art ist er überzeugt, dass er bald etwas Passendes finden wird, schliesslich war er einmal Leiter einer Druckerei. Das Vorstellungsgespräch bei einem trendigen Start-up-Unternehmen läuft dann tatsächlich so gut, dass er zur Probe eingestellt wird. Dumm aber, dass Alexandre überhaupt keine Ahnung hat, was die Firma überhaupt macht und was seine eigene Aufgabe sein soll. Eines hat er allerdings verstanden, die Angestellten dürfen keine Kinder haben. Deswegen gibt er sich auch nicht als alleinerziehender Vater zu erkennen. Gut, dass ihm sein neuer Freund Arcimboldo (Bruno Podalydès) beim Jonglieren zwischen Arbeit und Familie zur Seite steht.

In ihrem neuen Werk «Les deux Alfred» mokieren sich die Brüder Podalydès über den Trend in der modernen Wirtschaftswelt, mit hülsenhaften Fachwörtern um sich zu werfen und auf ein vermeintlich „junges und dynamisches“ Aussenbild zu setzen. Doch ihre zu Beginn präzise und amüsante Satire einer übertechnisierten Gesellschaft verwandelt sich im Laufe des Films erst zur Verwechslungskomödie und schliesslich zum Klamauk. Zwischendurch erhält die Tragikomödie einen ziemlich sentimentalen Einschlag, indem sie zum verqueren und ziemlich plumpen Plädoyer für eine kinderfreundliche Gesellschaft wird.

In «Les deux Alfred» übernimmt Bruno Podalydès selbst eine der Hauptrollen. Doch fehlt es dem Regisseur im Vergleich zu Sandrine Kiberlain, die die Rolle der überarbeiteten, teils arroganten, teils verunsicherten Kollegin Alexandres verkörpert, und insbesondere seinem Bruder Denis Podalydès als Alexandre an schauspielerischem Charisma. In all seinen Filmen betrachtet Bruno Podalydès die Tücken und Dynamiken des menschlichen Zusammenlebens mit einer gewissen Romantik und Tendenz zur märchenhaften Sicht. Auch in «Les deux Alfred» kommt es zu ein paar poetischen Momenten, etwa wenn, beispielsweise, hellblaue Drohnen, die Rettungsbojen ähneln, sanft vom Himmel auf den Gehsteig hinuntergleiten.

Es ist bedauerlich, dass der Film die erzählerische Dichte, die er in der ersten halben Stunde bietet und die an Tati erinnernde Qualität erreichet, im restlichen Verlauf nicht halten kann. Die verschiedenen Teile fallen sehr ungleich aus, was unter anderem an der thematischen Zersplitterung liegt. Eine Konzentration auf die Kritik der Arbeitswelt mit der Abdrängung der über 50-Jährigen, der verknappten Wirtschaftssprache, der Dominanz des Englischen, ebenso die Skepsis gegenüber gewissen Technologien wie Drohnen oder selbstfahrenden Autos hätte dem Film mehr Relevanz gegeben. Wie dies aussehen kann, haben Benoît Delépine und Gustave Kervern mit «Effacer l'historique», in dem übrigens Denis Podalydès auch eine der Hauptrollen spielt, jüngst gezeigt.



17.08.2021

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