Lacci - The Ties Italien 2020 – 100min.

Filmkritik

Was von Familien-Banden übrig bleibt

Irene Genhart
Filmkritik: Irene Genhart

Daniele Luchetti bittersüsses Drama um ein Ehepaar, das in schwierigen Zeiten zusammenbleibt, entpuppt sich je länger, desto mehr als Porträt eines willensschwachen, aber von sich masslos überzeugten Mannes.

«… und sie leben glücklich zusammen in alle Ewigkeit», enden Kinolovestorys gern märchenhaft. Doch in Wirklichkeit erweist sich dieses Danach als oft nicht sehr berauschend. So auch in Daniele Lucchettis «Lacci – TheTies» nach einem Roman von Domenico Starnone. Man schreibt die 1980er-Jahre. Vanda und Aldo, seit einigen Jahren verheiratet, leben mit ihren zwei Kindern in Neapel. Vanda ist Lehrerin, Aldo arbeitet beim Radio. Er hat vor einigen Monaten eine Stelle in Rom angetreten, an Umzug jedoch denkt man nicht. Man fühlt sie wohl in Neapel, hat eine grosse Wohnung, am Wochenende liest Aldo den Kindern Gutenacht-Geschichten vor.

Eines Abends aber gesteht er Vanda mit einer anderen geschlafen zu haben. Wieso er das erzähle, fragt Vanda verdattert, folgert dann aber richtig, dass Aldo nicht eine Affäre beichtet, sondern eine zweite Liebe gefunden hat. Sie verliert den Boden unter den Füssen. Kämpft mit allen Kräften um ihre Liebe und ihren Mann, verlangt später das alleinige Sorgerecht. Aldo sieht alles weniger düster. Er fühlt sich mit Lidia in Rom einfach genauso wohl, wie mit Vanda und den Kindern in Neapel.

Luchetti erzählt elliptisch. Mit vielen Auslassungen und in grossen zeitlichen Sprüngen. Er erzählt von einzelnen Begegnungen, brodelnden Emotionen, Momenten heftiger Zärtlichkeit und berücksichtigt dabei die Gefühlslage möglichst aller Betroffenen. In der ersten Filmhälfte geht das durchaus auf. Die Story befeuert sich durch den Rosenkrieg zwischen Vanda und Aldo, die einzelnen Szenen sind in sich stimmungsvoll und schlüssig.

Doch dann verstreichen im Laufe einer einzigen Kamerafahrt innerhalb von wenigen Sekunden drei Jahrzehnte. Vanda und Aldo sind nach wie vor verheiratet, doch «Lacci – TheTies» sackt nun in fast schon schwindelerregender Weise ab. Wo sich seine Handlung anfänglich in der Emotionalität der Auseinandersetzungen von Vanda und Aldo befeuert, lebt das Paar im Alter gefühlsgedämpft nebeneinander her. Das Geschehen in der Gegenwart, obwohl durch einen Krimi-Twist aufgepeppt, gibt als Story kaum mehr was her. Obwohl Luchetti die Ereignisse auch jetzt noch aus Sicht der Eltern, wie der Kinder schildert, verwandelt sich der als Familiendrama angedachte Film gegen sein Ende je länger, je mehr in das Porträt eines willensschwachen, aber von sich selbst masslos überzeugten Mannes, der für sein Handeln nicht gerade zu stehen vermag.

27.07.2021

3

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Kommentare

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thomasmarkus

vor 2 Jahren

Der Film nimmt laufend an Fahrt auf -
sehr sorgfältig die Tonspur, grad auch, wenn der Ton wegbleibt.
Sehen wir im Tonstudio für Hörspiele eine Autoattrappe, erwarte ich fast schon das Tür-Schletzen...
Anspruchsvoll die Rückblenden: Durch Wiederholung wird die perspektive gewechselt,
eine andere Deutemöglichkeit eingespielt. Sozusagen kriminalistisch fast. Was zum folgenden führt:
Thrillermässige Überraschung am Ende, ein unerwartetes Finale - als Abgesang.Mehr anzeigen


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