La boda de Rosa Frankreich, Spanien 2020 – 97min.

Filmkritik

Selbstverwirklichung einer Frau

Björn Schneider
Filmkritik: Björn Schneider

Eine überforderte, von ihren Mitmenschen ausgenutzte Mittvierzigerin wählt einen radikalen Schritt zur Unabhängigkeit: Sie heiratet sich selbst. Die spanische Produktion „La boda de rosa“ vermittelt ihre essentiellen Botschaften sowohl mit Augenzwinkern als auch dem nötigen Ernst. Schwächen zeigt die Tragikomödie bei der Figurenzeichnung.

Rosa (Candela Peña) hat bis jetzt mehr für andere als für sich selber gelebt. In ihrem Beruf hat sie sich aufgerieben, ihren Vater zu jedem Arzttermin begleitet und auf die Kinder des Bruders aufgepasst. Und so lässt sie kurzerhand ihr altes Leben in Valencia hinter sich, um den an der Küste gelegenen alten Schneiderladen ihrer Mutter weiterzuführen. Doch den früheren Verpflichtungen zu entkommen ist gar nicht so einfach.

In „La boda des Rosa“ geht es darum, befreiende Entscheidungen zu treffen und selbstbewusst zu ihnen zu stehen. Hier sind es gleich zwei. Einerseits der Entschluss, das kraftraubende Stadtleben gegen ein selbstbestimmtes Dasein in der Abgeschiedenheit des Küstenortes zu tauschen. Und die Entscheidung jene Person zu heiraten, die bei Rosa im Laufe des Lebens mehr und mehr in Vergessenheit geriet: sie selbst. Die Botschaft ist klar: Man sollte die eigenen Bedürfnisse berücksichtigen und eine (gesunde) Selbstachtung entwickeln. „La boda de Rosa“ vermittelt all dies mit einer gekonnten Balance aus heiteren, beschwingten und nachdenklich-melancholischen Momenten. In vielen Szenen treffen diese gegensätzlichen Stimmungen unmittelbar aufeinander.

Wenn die von Candela Peña mit Inbrunst verkörperte Rosa am Eigennutz und den egoistischen Wunschvorstellungen ihrer Mitmenschen fast zu zerbrechen droht, entstehen Mitgefühl und, ja, auch Mitleid. Gleichzeitig aber sind viele der tragikomischen Szenen von Offenheit und Ehrlichkeit geprägt. So verdeutlichen die fragwürdigen Ansichten und sonderbaren Verhaltensweisen von Rosas Mitmenschen die ganze Absurdität und Komplexität des zwischenmenschlichen Zusammenlebens. Und des Konstrukts „Familie“.

Rosas fehlende Durchsetzungskraft und ihr anfängliches mangelndes Selbstvertrauen treiben den Zuschauer allerdings bisweilen zur Weissglut. Zudem erscheint ihr urplötzlicher Wandel zur selbstbestimmten Person, die von heute auf morgen wegzieht, etwas unglaubwürdig. Der Wandel kommt zu abrupt und wirkt in seiner extremen Art übertrieben und zu konstruiert. Die ambivalente Zeichnung und Ausgestaltung der Hauptfigur erschweren es, alle Verhaltensweisen und Entscheidungen Rosas nachzuvollziehen.

Blass austauschbar bleiben zudem viele Nebencharaktere, die nur dazu da sind, um das Bild der ausgenutzten, ausgebeuteten Frau zu bestätigen. Von der besten Freundin über die Nachbarin bis zur Schwester, deren Blumen Rosa giesst, Katze sie hütet und Probleme sie sich anhören muss.

12.07.2021

3

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Kommentare

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thomasmarkus

vor 2 Jahren

Sommerlich leicht. Die Nebenfiguren in der Tat recht klischiert. Und ihre Entwicklung mehr einem feelgood Movie geschuldet.


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