Die Känguru-Chroniken Deutschland 2020 – 95min.

Filmkritik

Sind wir nicht alle ein bisschen Känguru?

Peter Osteried
Filmkritik: Peter Osteried

Nur gut zehn Jahre, nachdem Marc-Uwe Kling das Känguru erfunden und in Podcasts vom gemeinsamen Leben erzählt hat, kommt nun die Verfilmung in die Kinos. Dazwischen lagen noch vier Bücher, die sich mit den Abenteuern der ungewöhnlichen WG befasst haben. Das erste davon, «Die Känguru-Chroniken», bildet nun die Basis für den schrägsten, vielleicht aber auch lustigsten Film des Jahres – und das wohlgemerkt in einem Jahr, in dem auch Jojo Rabbit in die Kinos kam.

Als es an Marc-Uwes Tür klingelt, ist er nicht überrascht, dass ein Känguru ihn um Zutaten für Eierkuchen bittet. Ebenso wenig ist er davon überrascht, dass das Känguru bei ihm einzieht. Ein Jahr später haben sich beide längst aneinander gewöhnt. Er, der Kleinkünstler und Anarchist, und das Känguru, ein Kommunist. Der gemeinsame Feind ist Jörg Twix, ein Bonze der rechten Partei AZD, der den gesamten Block, in dem sie wohnen, platt machen und durch einen Nazi-Turm ersetzen will. Natürlich können die beiden das nicht zulassen und hecken einen Plan nach dem anderen aus, um das zu verhindern.

So wie die Textsammlungen rund um das Känguru mit der Form spielen und aus der an sich schon schrägen Version noch weit mehr Irrsinn generieren, gelingt es auch dem Film, vollkommen an einer typischen Umsetzung vorbeizuschrammen. Schon der Anfang ist brillant und bietet den Audiokommentar von Marc-Uwe und dem Känguru, die beide darum ringen, den perfekten Einstieg in die Geschichte zu finden – und es kräftig schiefgehen lassen. Mehr braucht es nicht, um den Zuschauer für sich zu gewinnen. Weil das alles so herrlich rotzfrech ist, dass man gar nicht anders kann, als laut loszulachen. Das Spiel mit der Form wird konsequent betrieben. Grossartig, wie das Finale einfach „vorgespult“ wird.

Technisch ist die deutsche Produktion hervorragend. Die Münchner Effektschmiede Trixter hat beim Känguru ganze Arbeit geleistet. Es gibt keine Szene, in der man an der Existenz dieses ungewöhnlichen Tieres zweifeln würde. Die Bewegungsabläufe, aber auch die Mimik sind Effektkunst auf internationalem Niveau. Das war auch wichtig, damit die Illusion eines sprechenden Kängurus, an dessen Existenz sich niemand stört, auch gewahrt bleibt.

Der Film ist in erster Linie reichlich anarchisch – inhaltlich, aber auch formal. Zudem wartet er neben reichlich abstrusen episodischen Momenten aber auch mit so etwas wie einer Botschaft auf, bezieht der Film doch klar Stellung gegen Rechtspopulisten und zieht die AfD mit einer Partei, die sich „Alternative zur Demokratie“ nennt, kräftig durch den Kakao. *Die Känguru-Chroniken ist ein herrlich grosser Spass, der während des Nachspanns noch weitergeht: Man darf hoffen, dass bald auch die übrigen Bücher verfilmt werden.



02.03.2020

4.5

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Kommentare

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100Goblins

vor 3 Jahren

Habe nicht allzu viel von diesem Film erwartet und war trotzdem bestürzt darüber wie man aus so einem tollen Buch einen so schlechten Film machen kann. Sämtliche Charaktere sind hoffnungslos überzeichnet und die meisten wirken einfach nur dümmlich - insbesondere Marc Uwe macht einen richtig trotteligen Eindruck. Dementsprechend fehlen denn auch die scharfzüngigen Dialoge und der intelligente Humor der Buchvorlage, was sich auch mit eingestreuten aber kontextlosen Zitaten daraus nicht wettmachen liess. Insbesondere die politische Aussage des Buches geht zwischen Klamauk und Plattitüden unter. Es ist mir unerklärlich wie Marc Uwe zu dieser Verfilmung stehen kann.Mehr anzeigen


Patrick

vor 3 Jahren

Der Movie zappt zwischen Herrlich und Albern Skurril hin&her.Das Fazit daher ist, macht sicherlich Spass verpufft aber im grossen und ganzen ins Sinnlose.Einen Bonus Sterne gibt’s für die Szenen nach dem Film~Abspann.

Zuletzt geändert vor 3 Jahren


JSAI

vor 3 Jahren

Das war eine Enttäuschung vom Anfang bis zum Schluss. Fühle mich desillusioniert. Es war plump, vorhersehbar und gezwungen. Irgendwelche ideologiegetriebene Drehbuchschreiber haben dem Humor den Garaus gemacht. Als die beiden schlechten Doppelgänger von Bud und Terence auftraten, starb endgültig was in mir.
P.S. Das Geld ist besser investiert, wenn ihr das neue Buch von Kling (Qualityksnd) kauft.Mehr anzeigen


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