Cruella USA 2020 – 134min.

Filmkritik

Der Teufel trägt: Mantel weiss mit Tupfen schwarz

Irene Genhart
Filmkritik: Irene Genhart

Craig Gillespies Film um die Herkunft eine der populärsten Schurkinnen des Disney-Universums überrascht als grossartige Live-Action-Punk-Pop-Mär.

Cruella de Vil, weiss man seit dem Erscheinen von Disney’s «101 Dalmatiner» von 1961 und zahlloser in dessen Nachfolge entstandener Sequels, Spinoffs und Neuverfilmungen, ist intelligent, ehrgeizig und derart fies, dass sie, um in den Besitz eines exklusiven Mantels zu kommen, skrupellos Dalmatiner-Welpen nach dem Leben trachtet. Doch wer Cruella ist und woher sie kommt, hat man bis «Cruella« nicht erfahren.

Der unter Regie vom Craig Gillespie entstandene Film beginnt 1964 mit der Geburt eines Mädchens mit auffällig schwarz-weissem Haarschopf. Estella wächst heran in der englischen Provinz, liebevoll behütet von ihrer Mutter Catherine. Dass sie fantasiebegabt und rebellisch sich auch gegen böse Buben tapfer zu wehren versteht, lässt sie vorerst wie eine Schwester von Pippi Langstrumpf erscheinen.

Dem Schuldirektor aber stösst Estellas Verhalten sauer auf, sodass die Mutter mit ihr nach London zu ziehen beschliesst. Hier landet Estella nach abenteuerlicher Reise tatsächlich, allerdings ohne ihre Mutter. Sie findet in den Waisen Jasper und Horace zwei Verbündete. Bald schon macht das Trio mit Trickdiebstählen die Stadt unsicher.

Doch Estella steht der Sinn nicht nach Ganovenkarriere. Sie heuert bei der berühmt-berüchtigten Modezarin Baronin von Hellman an, erregt mit ihren originellen Entwürfen alsbald deren Aufmerksamkeit und ergattert die Stelle ihrer Assistentin. Doch je näher sie der Modezarin kommt und je besser sie diese kennt, desto mehr wird sie zu ihrer erbitterten Konkurrentin.

«Cruella« spielt im London der Punkrock-Zeit. Er steckt voller Anspielungen auf Filme wie «Der Teufel trägt Prada» und Märchen wie «Cinderella», überrascht insgesamt aber als so originelle wie visuell spektakuläre Pop-Mär. Emma Stone triumphiert in der Rolle von Estella/Cruella mit charmanter Gerissenheit, Emma Thompsons Baronin ist atemraubend elegant und skrupellos. Der Soundtrack von Nicholas Britell geht direkt ins Ohr, Jenny Beavans Kostüme sind spektakulär.

Die wirkliche Überraschung ist aber, wie gut es dem Autorenteam um Aline Brosh McKenna gelungen ist, die ursprünglich in den 1950ern geschriebenen und dem strickten schwarz–weiss-denken der damaligen Zeit verpflichteten Geschichte in die heutige Gegenwart zu übertragen. So ist Cruella alles andere als eine bloss fiese Schurkin. Und in ihrem Gefolge findet sich in Person von Artie eine, wenn nicht gar die erste LGBTQ-Disney-Figur.

07.06.2021

4.5

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Kommentare

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elelcoolr

vor 2 Jahren

Cruella war unglaublich unterhaltsam und bildgewaltig. Es gab einige Längen im Modeatelier der Baronesse die nicht hätten sein müssen. Ansonsten tolle Unterhaltung!


navj

vor 2 Jahren

Eine der bisher besten Bösewicht-Origin-Storys überhaupt – und dabei basiert „Cruella“ noch nicht mal auf einem Comic! Muss der Film deshalb gleich 134 Minuten lang sein? Vielleicht nicht – aber am Ende ist das völlig egal, weil jede einzelne davon vor rebellisch-treibender Energie nur so überquillt.Mehr anzeigen


Filmenthusiast

vor 2 Jahren

Ein Meisterwerk! So unerwartet grandios!

Zuletzt geändert vor 2 Jahren


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