Contra Deutschland 2020 – 108min.

Filmkritik

«Ich will aber nicht ohne Humor»

Filmkritik: Nicole Janssen

Es ist nicht das erste Mal, das Jura-Professor Richard Pohl (Christoph Maria Herbst) über die Stränge schlägt. Diesmal hat er es auf seine arabische Studentin Naima Hamid (Nilam Farooq) abgesehen – Naimas Verspätung zur ersten Vorlesung und die damit einhergehenden rassistischen Bemerkungen des Professors ziehen Folgen mit sich. Um seinen Job zu behalten und den Disziplinarausschuss von sich zu überzeugen, muss er Naima bei den Vorbereitungen für den nationalen Debattier-Wettstreit helfen. Diese weiss zunächst nichts von seinen Beweggründen und ist wenig für die Hilfe zu begeistert, nimmt aber schliesslich die Chance an, sich mit Hilfe ihres Mentors zu beweisen.

Was die ehrgeizige, jedoch verunsicherte junge Frau zunächst als blossstellen und Respektlosigkeit interpretiert, entpuppt sich als fragwürdige, aber hilfreiche Lehrmethode des Professors Pohl. So trägt er Goethes «Faust - der Tragödie erster Teil» auf dem Hof des Universitätsgeländes vor und zieht damit die Aufmerksamkeit der Umstehenden auf sich. Nicht nur förderlich für Naima, lernt auch der Zuschauer einige Techniken der Rhetorik.

Der Film reisst in den einzelnen Debattierrunden immer wieder oberflächlich, jedoch wirkungsvoll gesellschaftskritische und relevante Themen wie Alltagsrassismus, den erschwerten Zugang zu Bildung, sowie die Emanzipation von Frauen im Allgemeinen an und bedient sich dabei an Zitaten der deutschen Literaturgeschichte.

Sönke Wortmanns «Contra» orientiert sich eng an der Vorlage «Le Brio» des französischen Schauspielers und Regisseurs Yvan Attal von 2017. Dieser erzählt die Geschichte der arabischstämmigen Frau Neïla (Naima gespielt von Nilam Farooq), die in der Pariser Banlieue wohnt. Aus der Pariser Banlieue wird im Film die Goethe-Universität in Frankfurt am Main und aus Professor Pierre Mazard wird Richard Pohl (Christoph Maria Herbst ).

Mit ihrem Humor und ihrer kulturellen Herkunft weckt Naima eine tief versteckte Warmherzigkeit in Pohl. Stark gespielt und wie von Christoph Maria Herbst gewohnt, überzeugt er als zynisch-sarkastischer Professor. Die Rolle passt so perfekt zu ihm, wie der Anzug sitzt. Mit Fragen wie «Was ist ein Bushido?», gewinnt er nach und nach die Sympathie des Zuschauers. Auch Naimas Entwicklung, welche zunächst verbal aus Selbstschutz um sich schlägt, ist angenehm zu beobachten. So behält sie ihre Schlagfertigkeit, wird demgegenüber zu einer selbstbewussten jungen Frau, die erkennt, dass ihr alle Türen offen stehen. Die Darstellung der Figur von Naima erreicht jedoch nicht die Tiefe, die ein solches Thema (Vorurteile, Diskriminierung aufgrund der Herkunft und des Geschlechts) braucht, um nachhaltig das Problem in der heutigen Zeit aufzuarbeiten. Für einen Kinobesuch reicht es aber allemal.



11.11.2021

4

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Kommentare

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sonnestaub42

vor 2 Jahren

Hat mir gut gefallen. Mit schlagfertigen Dialogen.


as1960

vor 2 Jahren

In "Contra" beleidigt ein zynischer Rechtsprofessor seine Studentin auf rassistische Art uns Weise. Nun muss er diese durch einen Debattierwettbewerb coachen. Witzig-intelligente Dialoge/Wortgefechte welche zum Nachdenken anregen prägen den Film, wobei gleichzeitig auch leise, menschliche Zwischentöne nicht zu kurz kommen. Geist und Herz werden unterhalten, was will man mehr.Mehr anzeigen

Zuletzt geändert vor 2 Jahren


thomasmarkus

vor 2 Jahren

Manchmal passierts, dass der Trailer Lust macht, aber auch schon die besten Szenen verrät – nicht so hier. Nicht absehbar, wie's weitergeht, kommen doch Rückschläge oder Umwege.
Brillant gespielt.
Eine Frage bleibt: Die nach der Wahrheit. Inhalt und Form. Ist Rhetorik mehr als Verpackung?Mehr anzeigen


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