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Yalda, a Night for Forgiveness Frankreich, Deutschland, Iran, Libanon, Luxemburg, Schweiz 2019 – 89min.

Filmkritik

Schuld, Verzeihung und Einschaltquoten

Irene Genhart
Filmkritik: Irene Genhart

Massoud Bakhshis Drama um eine junge Frau, die wegen Mordes zum Tode verurteilt in einer TV-Show die Tochter ihres Opfers um Verzeihung bittet, beruht lose auf wahren Begebenheiten.

Am Tag der Wintersonnenwende feiert man im Iran traditionell das Yalda-Fest. Es ist ein Fest der Verzeihung, anlässlich dessen in der populären TV-Show „Freude der Vergebung“ wegen schweren Verbrechen verurteilte Menschen durch ihre Tat Geschädigte um Verzeihung bitten und das Publikum mittels SMS-Abstimmung die Höhe des dabei fliessenden „Blutgeldes“ bestimmt. Der von Massoud Bakhshi als Autor und Regisseur verantwortete Film beruht lose auf einer TV-Show, die im Iran von 2007-2018 lief.

Aktuell in der Sendung ist Maryam, eine junge Frau mit mädchenhaften Gesichtszügen. Sie ist vor einigen Jahren mit dem 40 Jahre älteren Nasser eine „Ehe auf Zeit“ eingegangen. Als sie entgegen der getroffenen Vereinbarungen schwanger wurde, gerieten die beiden in einen Streit, bei dem Nasser unglücklich stürzte und starb. Das Gericht hat Maryam des Mordes für schuldig befunden und zum Tode verurteilt.

In der Sendung nun erhält Maryam die Gelegenheit, sich unter der Vermittlung eines Moderators bei Jassers Tochter Mona zu entschuldigen und um Verzeihung zu bitten. Zur Sendung begleitet wird sie von ihrer Mutter, welche die verfahrene Situation einiges mehr verschuldet als auf den ersten Blick scheint.

In der Folge entspinnt sich ein bizarres Schauspiel, das abwechselnd hinter und vor den Kulissen spielend den Spannungsbogen unablässig in die Höhe treibt. Die Story nimmt dabei bald zur Freude, bald zum Entsetzen des Moderators und der TV-Crew eine unvorhergesehene Wendung nach der anderen und spannt das Publikum im steten Wechsel von Bangen und Hoffen auf die Folter. Die Begegnung zwischen Maryam und Mona gerät dabei zu einem nahezu wortlos ausgetragenen Duell zwischen einer Vertreterin der Unterschicht und einer Tochter aus reichem Haus, welche sich nicht zuletzt noch einmal bereichern möchte.

„Yalda, A Night of Forgiveness“ ist dicht inszeniert, grossartig gespielt und überaus spannend. Eine an sich klassische Tragödie, deren Handlung sich unübersehbar an den Filmen anderer iranischer Regisseure wie Asghar Farhadi und Mohammad Rasoulof. Die europäische Co-Produktion wurde in Teheran mit einheimischen Schauspielern in Farsi gedreht. Es ist einer der raren Filme, die im Iran entstanden Kritik sowohl an der iranischen Gesellschaft wie der die Todesstrafe kennende Justiz wagt und zugleich gekonnt auf nichts als Zuschauer-Affekte zielende Medien unter die Lupe nimmt.

07.12.2020

4.5

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Kommentare

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thomasmarkus

vor 2 Jahren

Mann sass je länger je mehr auf Nadeln. Und bangte am Schluss.
Erstmals kamen nach dem Film wildfremde Menschen miteinander ins Gespräch.
Schön, haben die Kinos wieder offen!


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