CH.FILM

Wanda, mein Wunder Schweiz 2019 – 105min.

Filmkritik

Verkorkste Familien

Björn Schneider
Filmkritik: Björn Schneider

In der Tragikomödie „Wanda, mein Wunder“ wirbelt eine polnische Pflegerin eine Schweizer Familie gehörig durcheinander. Entstanden ist ein mit Energie und Dynamik umgesetzter Film, der mit seinem makaberen, schwarzen Humor und einer beachtlichen Ehrlichkeit begeistert.

In einer Villa am Zürichsee kümmert sich Wanda (Agnieszka Grochowska) um die Pflege des vermögenden Josef (André Jung). Rund um die Uhr ist sie für ihn da und unterstützt nebenbei dessen Frau Elsa (Marthe Keller) im Haushalt. In diesem lebt noch Sohn Gregi (Jacob Matschenz), während sich Tochter Sophie (Birgit Minichmayr) nur selten blicken lässt. Wandas Arbeit ist nicht gut bezahlt, dennoch braucht sie das Geld dringend für ihre Familie. Als Wanda unerwartet schwanger wird, überschlagen sich die Ereignisse.

Regisseurin Bettina Oberli blickt hinter die Kulissen eines nur nach aussen hin harmonischen, stabilen Familienbundes. Schonungslos und mit einer gekonnten Mixtur aus dramatischen Anflügen und tiefschwarzem Humor legt sie das fragile emotionale Gefüge der Familienmitglieder offen. Und zeigt, dass sich unter der perfekten Oberfläche angestaute Gefühle wie Unzufriedenheit und Frustration zwangsläufig irgendwann Bahn brechen müssen.Bis es soweit ist, schildert Oberli zunächst recht nüchtern Wandas Leben bei der Familie, deren Mitglieder sie – scheinbar – allesamt ins Herz geschlossen haben. So ist Wanda für Josef der „Engel des Hauses“ und Gregi schwärmt ohnehin heimlich für sie. Die herausragende Agnieszka Grochowska setzt als Wanda oft ihr Lächeln auf und überspielt ihr aufgewühltes Gefühlsleben. Häufig denkt sie an ihre Söhne im weit entfernen Polen, die auf Wandas Einkommen angewiesen sind.

Oberli durchsetzt ihren Film mit einer mehr als nur subtilen Gesellschaftskritik, die sich an die ausnutzenden Angehörigen der Upper-Class richtet. Vermögende Familien, die ihre Bediensteten ausbeuten. Arbeitskräfte wie Wanda, die alle paar Monate zwischen der Schweiz und Osteuropa pendeln. Mit zunehmendem Handlungsverlauf offenbart Oberli gnadenlos die Verlogenheit und oberflächlichen Sichtweisen der reichen Sippe. Mit beschwingter Komik und einer der dynamischen Erzählweise, die immer neue Wendungen und Enthüllungen bereithält, entlarvt sie deren wahres Gesicht. Es geht um gekränkte Eitelkeiten, Eifersucht, Vorurteile sowie die Angst vor dem Verlust des Ansehens und der angestammten Rolle innerhalb der Familie. Hinzu kommen wahrlich groteske Ereignisse (Stichwort: Kuh), die zum Unterhaltungswert beitragen.

Langweile stellt sich in diesem geistreichen Werk ohnehin nicht ein, dafür sorgt das illustre Figurenkabinett. Zu diesem gesellen sich später noch Wandas Familie aus Polen. Dann prallen endgültig zwei völlig differierende Lebensentwürfe und Einstellungen aufeinander (Ost trifft auf West), für die die beiden Familien exemplarisch stehen.

20.04.2021

4.5

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Kommentare

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Regula57

vor 2 Jahren

Enttäuschend.


Franzi

vor 2 Jahren

Leider entspricht dieser Film nicht der Realität. Diese Frauen haben Ende Monat mehr im Geldbeutel als mancher von hier. Ist ja alles bezahlt! Ich denke kaum, dass die sich prostituieren.
Dieser Film kommt nicht einen Funken an jenen der Herbstzeitlosen ran, schade, hatte mir etwas anderes vorgestellt.Mehr anzeigen


thomasmarkus

vor 2 Jahren

Paar Höhepunkte hatte schon der Trailer verraten, die der Film dann nicht mehr toppen konnte...


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