This Is Not a Burial, It’s a Resurrection Italien, Lesotho, Südafrika 2019 – 120min.

Filmkritik

Verlust und Identität

Björn Schneider
Filmkritik: Björn Schneider

Eine 80-jährige, vom Leben gezeichnete Frau kämpft für den Erhalt ihres Dorfes. «This Is Not a Burial, It’s a Resurrection» erzählt diese Geschichte auf elegische, meditative Weise und lässt in einer exotischen, wenig bekannten Welt Moderne auf Tradition treffen.

Lesotho ist ein eigenständiges Königreich, das in südafrikanischem Territorium liegt. In einem dortigen Bergdorf lebt die Witwe Mantoa (Mary Twala), die sich auf ihren Tod vorbereitet. Spätestens seit der Nachricht, dass ihr letzter noch lebender Sohn zu Tode gekommen ist, schwindet ihr Lebenswille. Doch es kommt anders. Sie erfährt, dass ihr Dorf einem Stausee Platz machen soll. Und mit ihm der Friedhof, auf dem sie ihre letzte Ruhe finden wollte. Für Mantoa steht fest, dass sie für ihre Heimat und Traditionen kämpfen will.

Lemohang Jeremiah Mosese, der aus Lesotho stammende Regisseur des Films, vermittelt eine ganze Reihe an Thematiken und Botschaften. Zunächst einmal zeigt er in seinem zweiten abendfüllenden Werk, wie schwer es kleine, «übersehene» Territorien und Länder, wie eben Lesotho, gegen ihre starken, übermächtigen Nachbarn haben.

Konkret geht es um die Eingriffe Südafrikas in das Hoheitsgebiet des nur zwei Millionen Einwohner zählenden, armen Königsreichs, in dem es oft zu Umsiedlungen kommt. Und damit zu einer Verdrängung von gewachsener Geschichte, kultureller Identität und Tradition – offiziell im Namen des Fortschritts und der Moderne. Mantoas schwermütiger, gedankenverlorener Blick auf die Landvermesser und Planungsarbeiter, die symbolisch für das Staudamm-Projekt stehen, sagt alles. Am Beispiel ihrer Figur und ihres Leids verhandelt Mosese die Themen Verlust und Trauerarbeit.

Ihre Darbietung ist entwaffnend ehrlich und unverstellt. Mantoas Schmerz spiegelt sich in ihrem (nicht selten regungslosen) Gesicht. Sie nutzt ausserdem ihre Körpersprache, um das gebrochene Innere nach aussen zu kehren. Selbst wenn sie nur anteilslos auf ihrem Bett sitzt oder mit hängenden Schultern und gesenktem Kopf umherstreift – so sagen gerade diese Momente viel über ihren Seelenzustand aus.

Mosese wählt einen experimentellen Ansatz für sein dokumentarisches Drama. Sein Film zeichnet sich durch erzählerische Ruhe, einen Hang zu Metaphorik sowie religiöse Symbolik aus. Nicht alle Entsprechungen und symbolhaften Andeutungen erschliessen sich jedoch. Zudem könnten sich einige, für diese Art der Inszenierung wenig empfängliche Zuschauer von der extrem meditativen Aura überfordert fühlen. In manchen Szenen gefällt sich Mosese zu sehr in seiner mythologischen Überhöhung und rätselhaften Transzendenz.

Dennoch schafft er es, uns das Leben von Mantoa und ihres Stammes glaubhaft näher zubringen. Man taucht ein in eine fremde Welt aus lokalen Traditionen, Folklore, den Glauben an die Bedeutung des Todes und des menschlichen Geistes.

22.06.2021

3.5

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Kommentare

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Yvo Wueest

vor 2 Jahren

Diese Filmerfahrung erinnert weniger an ein Kinoerlebnis und mehr an einen Besuch in einem dunkeln, nur schwach beleuchteten Museum. Ein Ausstellungsort, der wohl bald zugesperrt wird. Doch die Figuren darin sind lebendige Menschen, die an ihrem Boden, an ihrer Geschichte, an den Erinnerungen an ihre dort begrabenen Ahnen, hängen. Die starke Leistung der Hauptdarstellerin Mary Twala und der wiederkehrende und beeindruckende Erzähler, erklären, warum es dieser Film aus dem kleinen Lesotho bis ins Oscar-Rennen schaffte. Befreiend der Gedanke: Wer nichts mehr zu verliefen hat, kann sich noch mutiger der "unaufhaltsamen" Entwicklung, entgegen werfen.Mehr anzeigen


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