Peter Lindbergh - Women's Stories Deutschland 2019 – 104min.

Filmkritik

Ein rastloses Leben

Björn Schneider
Filmkritik: Björn Schneider

Mit unglaublicher Lebensenergie und Ruhelosigkeit entwickelte sich Peter Lindbergh zum prägendsten Modefotografen unserer Zeit. Ebenso unruhig und gehetzt wirkt bisweilen die Doku über ihn. Jedoch verfügt sie über informative und spannende Interviewpassagen, die zu einem tieferen Verständnis der komplexen Künstlerpersönlichkeit beitragen.

Peter Lindberghs meist in schwarz-weiss gehaltenen, stilvollen Porträts von Stars wie John Travolta, Madonna oder Kate Winslet sind weltberühmt. Dutzende seiner ikonischen Aufnahmen schafften es auf die Titelseiten der grossen Modeblätter. Darüber hinaus gilt Lindbergh als Begründer der erzählerischen Modefotografie. Der Franzose Jean-Michel Vecchiet widmet seine Doku dem heute 74-jährigen Fotografen.

Seit vielen Jahren sind Lindbergh, der abwechselnd in Paris, New York sowie Arles lebt, und der im südfranzösischen Martigues aufgewachsene Vecchiet befreundet. Vecchiet inszenierte seine erste Dokumentation Ende der 90er-Jahre, in den letzten Jahren realisierte er vor allem dokumentarische Arbeiten für das französische TV.

Umtriebig, bewegend und facettenreich – so lässt sich das Leben von Lindbergh zusammenfassen. Ein Mann, getrieben von Perfektionismus und der Hingabe für seinen Beruf. Und den es für seine Shootings stets an andere Orte verschlug. So ruhelos Lindberghs Alltag und Lebensweise waren, so irrlichternd und flirrend gestaltet sich die filmische Umsetzung, die sich auf den ersten Blick deshalb als passend erweist. Zumal sie nicht mit dem gängigen, chronologischen Abarbeiten der wichtigsten Lebensstationen langweilt.

Allmählich aber fühlt man sich von der sprunghaften Erzählweise und der visuellen Reizüberflutung überfordert. Der Regisseur bestückt seinen Film etwas zusammenhanglos mit Schwarz-Weiss- und Farbaufnahmen, mit Bewegtbildern aus Lindberghs Privatarchiv, Behind-the-Scenes-Material sowie historischen Aufnahmen. Darüber hinaus streift er einschneidende Erlebnisse Lindberghs und pickt sich Biografisches (unter anderem die Flucht der Familie aus Polen, die Kindheit im Ruhrgebiet) heraus – ohne sich jedoch tiefergehend mit jenen komplexen Inhalte und Themen zu befassen.

So entsteht eher ein bruchstückhaftes Bild Lindberghs, dessen Persönlichkeit und Motivationen zunächst schwer greifbar bleiben. Zumal der Fotograf selbst kaum zu Wort kommt. Stattdessen hört und sieht man Frauen. Unzählige Frauen. Deren Aussagen sorgen erfreulicherweise dafür, dass man sich Lindbergh näher fühlt. Und dass man seine Wesenszüge und die Entwicklung seines Charakters allmählich zu verstehen beginnt. Lindberghs Schwester, Models wie Naomi Campbell, Redakteurinnen, seine Frau Petra und frühere Lebenspartnerinnen fassen Vertrauen zu Vecchiet und äussern sich freimütig über den Künstler und die Privatperson Lindbergh.

07.08.2019

2.5

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