Öndög Mongolei 2019 – 100min.

Filmkritik

Leichenwache in der Mongolei

Björn Schneider
Filmkritik: Björn Schneider

In der endlosen Weite der Steppe erzählt Öndög von Einsamkeit, flüchtiger Liebe und einem mysteriösen Frauenmord.

In der mongolischen Steppe wird eine nackte Frau ermordet aufgefunden. Ein junger Polizist (Norovsambuu Batmunkh) soll die Leiche während der Nacht bewachen. Da er unerfahren ist und sich in der Gegend nicht auskennt, wird ihm eine einheimische Hirtin zur Seite gestellt. Sie soll mit aufpassen und zu nahe kommende Wölfe verscheuchen. Auch Tipps gegen die Kälte hat die Nomadin parat. Im Laufe der Nacht nähern sich die beiden unterschiedlichen Charaktere immer weiter an – im Wissen, dass sich ihre Wege am nächsten Morgen trennen werden.

Nach rund siebenjähriger Schaffenspause legt der Chinese Wang Quan’an mit Öndög ein ungemein entschleunigtes, ruhiges Werk vor. Der Erzählrhythmus ist langsam und Quan’an verwendet viel Zeit sowie Energie darauf, die ausgedehnte Steppenlandschaften in monumentalen Aufnahmen einzufangen. Wenn er den Polizisten, die Hirtin und die zwischen den Grasbüscheln liegende Frauenleiche immer wieder aus grosser Entfernung und in starren Einstellungen abfilmt, dann hat das etwas zutiefst Entrücktes.

Und nicht zuletzt überzieht Quan’an seinen Film mit einer surrealen Stimmung, da die gewaltigen Panoramaansichten der kargen Natur am Tag und die magischen Impressionen vom wolkenlosen Himmel in der Nacht in krassem Widerspruch zur bitteren Realität stehen: Da sind die Kälte, der Mord, die Gefahr durch umherstreunende Wölfe. Für Auflockerung und Witz sorgt Öndög mit allerlei eigenwilligen, schrägen und ein paar unfreiwillig komischen Szenen. Nicht alle sind geglückt (der Liebesakt), andere aber zeugen von abgedrehtem Humor, der gut funktioniert (der Tanz um die Leiche zu einem Elvis-Song).

Letztlich dient der Frauenmord Quan’an allerdings nur als Mittel zum Zweck. Und zwar um zwei einsame Seelen einander näherzubringen und um seine nächtliche Liebesgeschichte erzählen zu können. Denn an einer befriedigenden Aufklärung der Tat ist er nicht interessiert: Der Leichenwagen transportiert die Frau irgendwann ab und fortan spielt diese keine grosse Rolle mehr. Der Krimi-Nebenplot ist unbefriedigend, da Öndög schlicht zu viele Antworten schuldig bleibt (Wer war die Tote? Wie starb sie?).

Öndög leidet ebenso darunter, dass einem die Figur nicht sonderlich nahe kommen. Das liegt zum einen daran, dass sie während der gesamten Laufzeit namenlos bleiben. Zum anderen an ihren mitunter schwer nachvollziehbaren Verhaltensweisen. Besonders ein die Nomadin hartnäckig umwerbender Nachbar erweist sich als gewöhnungsbedürftiger, arg übergriffiger Protagonist. Er ist es auch, der mit skurrilen Äusserungen über Dinosaurier-Eier und den Fortbestand von Zivilisationen verwundert.

03.01.2020

2.5

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