Hustlers USA 2019 – 110min.

Filmkritik

Strippen in den Zeiten der Rezession

Gaby Tscharner
Filmkritik: Gaby Tscharner

Als feministischer Rachefeldzug gegen den Kapitalismus getarnt, verkommt Hustlers zu einer unspannenden Geschichte über das Strippen in den Zeiten der Rezession, die auch von Jennifer Lopez' Virtuosität an der Stripperstange nicht gerettet werden kann.

Dorothy (Constance Wu) ist die neue Stripperin in einem Club in Manhattan, wo in den frühen 2000er-Jahren alle skrupellosen Börsenmakler der Wall Street Party machen und viel Geld ausgeben. Nachdem sie von der erfahrenen Stripperin Ramona (Jennifer Lopez) unter die Fittiche genommen wird und ihr Diamond (Cardi B.) zeigt, wie ein guter Lapdance zu sein hat, wird aus Dorothy die Stripperin Destiny – der Wohlstand fliesst, an der Börse wie auch an der Stripperstange. Als 2008 jedoch die Rezession zuschlägt, bleibt die Kundschaft aus, und Ramona & Co. gehen Fischen. So nennen sie das Aufreissen von Kundschaft, deren Drinks sie mit Drogen versehen, um anschliessend ihre Kreditkarte bis aufs Maximum zu belasten. Ein gefährliches Spiel, das jeden Moment aufzufliegen droht.

Als eine Art Pendant zum Film The Wolves of Wallstreet porträtiert Hustlers seine Hauptfiguren als eine Bande feministischer Robin Hoods in Stilettos auf Rachefeldzug gegen ihre skrupellosen Macker. Schliesslich haben die Börsianer den ganzen Tag hart arbeitenden Amerikanern das Geld aus der Tasche gezogen. Das Problem ist nur, dass Ramona und ihre tollkühnen Gesellinnen nichts anderes tun. Anstatt das von ihnen erschwindelte Geld in einen eigenen Nachtclub zu stecken, wo die Stripperinnen gleichberechtigte Teilhaberinnen sind, verschleudern es Ramona und Destiny in Designerboutiquen und schenken sich an übertriebenen Weihnachtspartys Pelzmäntel aus Chincilla, Louboutin-Stiefelchen und beglücken die Grossmama, die wohl kaum ihre Medikamentenrechnung zahlen kann, mit einer Perlenkette.

Der Film der Autorin und Regisseurin Lorene Scafaria basiert auf einem 2015 publizierten Artikel in der New York Times, der die unerwarteten Auswirkungen der Rezession auf die Industrie der Sexarbeiter aufzeigte. Julia Stiles spielt im Film die Journalistin, die Destiny interviewt und die Geschichte aus ihrer Sicht erzählen lässt. Der Film konzentriert sich stark auf den Hustle, das Abzocken der Börsianer. Scafaria will die Fakten präsentieren und nicht darüber richten, wie ihre Figuren ihr Leben führen. Das ist gut und recht. Aber wir wissen so wenig über diese Frauen, über ihre Motivation, dass wir kaum mit ihnen mitfiebern können.

Ramona ist zwar hübsch, sexy und mütterlich, aber uns wird nichts über sie erzählt. Wenn sie sagt, «Ich möchte, dass meine Tochter in jede Schule gehen kann, die sie sich wünscht», dann fragen wir uns, ob sie vielleicht in einem schlechten Schulbezirk wohnt oder sich für ihre Tochter dann doch ein Leben weg von der Stripperstange wünscht. Und der Grund für Destinys fast krankhafte Abhängigkeit von anderen Menschen wird uns so spät im Film erklärt, dass er uns eigentlich egal ist.

Das beste am Film ist Jennifer Lopez' Striptease zu Fiona Apples Lied «Criminal», dessen Akrobatik der Erdanziehungskraft zu trotzen scheint. Wie ein Striptease hält Hustlers jedoch nicht, was er verspricht. Auf dem Poster lachen uns Cardi B. und Lizzo entgegen, aber die beiden talentierten Pop-Diven sind nur kurz in den ersten Minuten zu sehen. Stattdessen zeigt uns die Regisseurin unzählige Lapdances in dunklen Hinterzimmern, Boss-Frauen-Montagen in Zeitlupe und Grosseinstellungen auf Markenartikel, die wohl auf unserer Weihnachts-Wunschliste landen sollten. Welch eine Verschwendung!



20.02.2024

2.5

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Kommentare

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Patrick

vor 4 Jahren

Unterhaltsam & Packendes Movie gespickt mit Erotischen Szenen.Hustlers kommt als Filmmix von:Striptease (mit Demi Moore) und von Wallstreet (mit Michael Douglas) daher,und fährt daher auf gleicher Schiene mit.Jenifer Lopez spielt so gut wie schon lange nicht mehr,schade wurde sie nicht für den Oscar nominiert.Mehr anzeigen

Zuletzt geändert vor 4 Jahren


Robin_12

vor 4 Jahren

Eklig-verlogene "Sozial-Romanze": 2 als ganz besonders tough und salopp dargestellte Prostituierte - natürlich Muttis, die ihr Mutterglück nicht aufhören können zu beteuern! - nehmen also durch abstossende Art - Verabreichung von K.O.-Tropfen während Striptease-Vorstellungen im Separee, hoho, (wie primitiv) "gutgläubige" reiche Männer ("Banker") mittels Kreditkarten-Betrugs aus.
Diese machen hinterher aufgrund ihres schlechten Gewissens - und der irren US-Sexualprüderie sowieso - nicht viel Ärger und die Mädels kommen mit dieser Masche erst mal durch.
Die Mädels rechtfertigen sich moralisch damit, dass sie das Geld ja nur für gute Zwecke (für die kleine Tochter natürlich oder zur Bezahlung von Omas Schulden (was für'n kitschiger Scheiss!) verwenden und ausserdem die Männer, die bösen Banker, ja sowieso durch ihre Spekulationen am ganzen Elend in der Welt Schuld seien.
Der kleine Max hat nämlich gelernt, dass der Kapitalismus, vor allem die Finanz-Spekulation, 'was ganz Böses sei, jawoll. (Dass es das schon 200 Jahre lang gibt und zuvor durch die US-Propaganda immer als etwas Hyper-Kluges und Edles verkauft wurde, stört natürlich niemand - aber irgendwas kann an dieser Kritik jetzt auf einmal ja so nicht stimmen, oder?!).
Die beiden Prostituierten sind aber noch abstossender als die "bösen Banker", ihr ekelhaftes "Gewerbe" soll jedoch als 'ne Art "Robin Hood - Aktivität" gegen diese Mächtigen verkauft werden, dabei ist ja überdeutlich, dass sie sich selbst für'n paar Scheine nur allzu gerne begeistert verkaufen - nochmal: einfach nur ekliger, verlogener US-Moraldreck!
Das Publikum im Kino war erstaunlich zahlreich und überwiegend sehr jung. Ich schätze die Schweizer Jugend leider so ein. dass sie dieses US-Moral-Geschmier (incl. Prostitutions-Werbung) ziemlich begeistert aufnimmt - wirklich furchtbar!Mehr anzeigen


navj

vor 4 Jahren

„Hustlers“ ist eine Gauner-Geschichte, die auf wahre Gegebenheiten beruht. Infolge der Finanzkrise 2008 bleiben in den High-Class-Stripclubs von New York zahlungskräftige Kunden aus. Also verlegen sich eine Gruppe Stripperinnen auf ein anderes Geschäftsmodell: Mit Drogen und K.o.-Tropfen machen sie reiche Männer willenlos, zerren sie in ihren Club, entwenden ihnen die Kreditkarten und räumen ihre Konten bis zum Limit leer. Das fängt als wohltuendes, witziges Vergnügen mit Gewissensbissen an, ist gleichzeitig aber ein packendes Porträt, sowohl von verzweifelten Frauen wie auch einer Gesellschaft, die zunehmend auseinanderbricht.Mehr anzeigen


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